Wasser Marsch! Das Community-Projekt REFILL SÜDTIROL

Innovation kann auch ganz einfach sein. In unserem Land verfügt jedes Haus über hochwertiges Trinkwasser. Auch aus einem großen Teil der öffentlichen Brunnen kann bedenkenlos getrunken werden. Dadurch ist der Kauf von Wasser in Einweg-Plastikflaschen absurd. Damit ist zudem eine einhergehenden Umweltbelastung durch die Produktion von Kunststoff und die aufwändige Anlieferung absurd. Dies stellt der Dachverband für Natur- und Umweltschutz fest.

Das von der Öko-Organisation lancierte Community-Projekt „Südtirol Refill Alto Adige“ will frisches Trinkwasser aus dem Hahn fördern.

Auf der Web-Seite des Projekts Refilll werden 1.823 öffentlich zugängliche Trinkwasserpunkte im ganzen Land aufgelistet und auf einer Südtirol-Karte geographisch lokalisiert. Dort können mitgebrachte Trinkflaschen aufgefüllt werden – kostenlos und ohne Plastikverpackungen.

Übrigens: Jede und jeder können mitmachen und neue Refill-Stationen melden oder auch selbst anbieten. Auch Ötzi bietet die Möglichkeit an in den Büroräumlichkeiten in der Giuseppe di Vittorio Str. 16 in Bozen Süd die eigene Trinkflasche aufzufüllen.

GOOD NEWS: Das wissenschaftliche Netzwerk für Naturschutz

Das neue weltweite Science Based Targets Network (SBTN) hat zum ersten Mal konkrete wissenschaftsbasierte Ziele (Science Based Targets ) für einen umfassenden Landschafts- und Naturschutz veröffentlicht. Dem globalen SBTN-Netzwerk, das damit zum Schutz des Süßwassers, der Landflächen, der Biodiversität und der Ozeane beitragen will, gehören bereits mehr als 60 Nichtregierungsorganisationen und Wirtschaftsverbände an. 17 multinationale Unternehmen wie H&M, Holcim und Nestlé wollen diese Ziele in diesem Jahr verfolgen. 115 Unternehmen aus 25 Ländern haben die Leitlinien laut SBTN vorab getestet.

Damit werden wissenschaftsbasierter Natur- und Klimaschutz eng miteinander verknüpft. Der Hintergrund: Im Klimaabkommen von Paris vereinbarten die UN-Mitgliedstaaten 2015 eine maximale Grenze für die globale Erwärmung. Diese sollte bis 2050 auf maximal zwei Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit begrenzt werden. Konkret heißt es, dass der weltweite Temperaturanstieg auf jeden Fall auf deutlich unter zwei Grad Celsius beschränkt werden soll.

Noch im gleichen Jahr haben das Carbon Disclosure Project (CDP), der United Nations Global Compact (UNGC), das World Resources Institute (WRI) und der World Wide Fund for Nature (WWF) die Initiative Science Based Targets (SBTi) gegründet. Diese stellt wissenschaftlich fundierte Kennzahlen zur Verfügung, um die Dekarbonisierung weltweit zu fördern. Diese Science Based Targets ermöglichen es Unternehmen, wirksame Klimaschutz- und Emissionsreduktionsziele zu entwickeln und auch umzusetzen. Mit sektorspezifischen Methoden, einem kostenlosen Berechnungstool, Webinaren, Handbüchern und technischer Unterstützung unterstützt die SBTi eine praxisnahe Umsetzung. In diesem Zusammenhang ruft die globale Initiative Unternehmen dazu auf, eigene wissenschaftsbasierte Ziele in Übereinstimmung mit den Zielen des Pariser Abkommens festzulegen. Der Betrieb soll diese Ziele in sienem Alltag verfolgen. Die Unternehmen beteiligen sich freiwillig an der SBTi und verpflichten sich, mindestens ein wissenschaftsbasiertes Klimaziel zu verfolgen. Das Ziel verringert den Treibhausgasausstoß spürbar und dessen konkrete Einhaltung überprüft dann die SBTi.

Ohne einen wirksamen Naturschutz sei Klimaneutralität allerdings nicht möglich, argumentiert das SBTN, dem auch die SBTi-Gründungsorganisationen angehören. Mit anderen Worten: Die Biodiversitätskrise ist ebenso bedrohlich wie der Klimawandel. Mit den jetzt vorgelegten wissenschaftsbasierten Naturzielen könnten Städte und Unternehmen „ihren Einfluss auf die Umwelt ganzheitlich erfassen. Zudem eigene strategische Maßnahmen setzen und damit eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung einer gerechten und naturfreundlichen Zukunft auf der Grundlage wissenschaftlich fundierter Ziele spielen“. Die dazu zur Verfügung gestellten technischen Anleitungen betreffen zunächst vor allem Nitrat- und Phosphoreinleitungen in Binnengewässer. In den kommenden Jahren will das Netzwerk Unternehmen aller Größen und Branchen mit wissenschaftsbasierten Zielen ausstatten und diese öffentlich evaluieren.

Biodiversität: das Monitoring in Südtirol

2019 begannen Forscherinnen und Forscher am Institut für Alpine Umwelt bei Eurac Research im Auftrag der Südtiroler Landesregierung mit einem aufwändigen landesweiten Biodiversitätsmonitoring. Unter Biodiversität versteht man die Vielfalt der Arten in einem Gebiet, die genetische Vielfalt innerhalb von Arten sowie die Lebensraum- und Ökosystemvielfalt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchen in Südtirol 320 Standorte – von Wiesen und Weiden, Äckern und Dauerkulturen sowie Siedlungsgebieten und Wäldern über Feuchtlebensräumen, bis hin zu alpinen Lebensräumen. 2021 startete das aquatische Monitoring mit 120 Fließgewässerstandorten in allen Höhenstufen.

Das Monitoring

Im Fokus der Fachleute stehen im terrestrischen Monitoring Gefäßpflanzen, Vögel, Fledermäuse, Tagfalter, Heuschrecken, Moose und verschiedene Bodenorganismen. Der erste Erhebungszyklus dauert fünf Jahre. Die Untersuchungen werden an denselben Punkten wiederholt, um Veränderungen in der Artenvielfalt festzustellen und daraus Tendenzen und Trends ableiten zu können. Die ersten Ergebnisse liegen vor und können hier eingesehen werden. Sicher ist: Je mehr Lebensräume es in einer Kulturlandschaft gibt, desto mehr Tier- und Pflanzenarten kommen dort vor. Besonders gut lässt sich diese in den Obstbaugebieten beobachten. Ein Bauernhof mit Gärten und einzelnen hochstämmigen Obstbäumen verfügt demnach über eine große Lebensraumvielfalt mit besonders vielen Tagfaltern und Vögeln. Apropos Biodiversität: Die Südtiroler Initiative Baumgart setzt sich für die artenreichen Streuobstwiesen ein. Sie wurde dafür 2023 von der italienischen Umweltorganisation Legambiente ausgezeichnet.

Die biologische Vielfalt und die Leistungen der Ökosysteme sind für das Überleben der Menschheit essenziell. Dennoch ist der Druck auf Lebensräume und Arten enorm.

Das Bild ist düster

Der jüngste Bericht des Weltbiodiversitätsrat IPBES, der im März 2019 in Paris vorgestellt wurde, zeichnet jedenfalls ein düsteres Bild. Demnach sind bis zu einer Million Arten vom Aussterben bedroht. Die Hälfte der lebenden Korallen ist seit 1870 verschwunden, die weltweite Waldfläche beträgt nur noch 68 Prozent im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter, 75 Prozent der Landoberfläche und 66 Prozent der Meeresfläche wurden durch menschlichen Einfluss verändert und über 85 Prozent der Feuchtgebiete sind in den vergangenen 300 Jahren verloren gegangen. Das ist – leider – der Stand der Dinge.

IPBES ist ein unabhängiges zwischenstaatliches Gremium, dem über 130 Mitgliedsregierungen an- gehören. IPBES Der Der Der Weltbiodiversitätsrat IPBES (Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services) ist ein zwischenstaatliches Gremium. Er hat die Aufgabe, die Politik zum Thema biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen wissenschaftlich zu beraten. IPBES gibt es seit 2012. Der Sitz des Sekretariats befindet sich in Bonn. Aktuell sind 137 Staaten IPBES-Mitglieder. Der Weltbiodiversitätsrat sammelt weltweit wissenschaftliche Daten, analysiert diese und zeigt konkrete politische Handlungsmöglichkeiten zum Schutz der biologischen Vielfalt auf. Der Rat führt aber keine eigenen Forschungsarbeiten durch. Seine Kernaufgabe ist die Erstellung von Berichten durch externe Fachleute über den Zustand der biologischen Vielfalt und der Leistungen, die Ökosysteme für die Menschen erbringen.

Mit gutem Beispiel voran: Energie Villnöss

1921 wird in Villnöß – auf Initiative von drei Bauern, einem Handwerker und einem Schmied – die Elektrizitätsgesellschaft St. Magdalena gegründet um „für ihre Mitglieder elektrische Energie für Beleuchtung und Kraftbetrieb zu erzeugen und zu verwerten, um damit die Volkswirtschaft zu heben und das materielle Wohl ihrer Mitglieder durch Anlagen von Sägen, Mühlen, Werkstätten für Holz und andere Industrien zu fördern.“

Die Genossenschaft, die heute Energie Villnöß heißt , erhält ein Darlehen vom „Kirchlichen Fonds zur Errichtung eines Priesterbenefiziums in St. Madgalena in Villnöß“ und errichtet mit dem Geld ihr erstes eigenes E-Werk, das 1922 ans Netz geht. Menschen organisieren ihre Energieversorgung, weil Energieunternehmen kein Interesse daran haben, abgelegene Berggebiete mit Strom zu beliefern.

Ein Jahrhundert später geschieht in zahlreichen europäischen Ländern etwas Vergleichbares: Bürgerinnen und Bürger verzichten auf Kohle, Erdöl. Atomstrom oder Erdgas und erzeugen und verteilen in dezentralen Anlagen erneuerbare Energie. Dabei entstehen in der geographischen Peripherie – wie vor 100 Jahren in Südtirol – zahlreiche interessante nachhaltige und innovative Projekte.

Ein Fallbeispiel für diesen europaweiten Trend sind auch die genossenschaftlichen Elektrizitätswerke Schönau im Schwarzwald, die Energie Villnöß in ihrem Energiewende-Magazin portraitieren. Hier ist der Link zum Nachlesen – es lohnt sich!

Im Interview: unser Mitglied Alma & Friedl

Was hat dich zur Idee des Barfuß-Schuhladens bewegt? 
Vor einem dreiviertel Jahr war ich eine zeitlang auf der Suche nach etwas, dass ich zusätzlich zum Mama sein machen kann. Und plötzlich kam die Idee: Barfussschuhe. Ich war es leid die Schuhe für meine Familie online zu kaufen. In Südtirol gab es keinen Ort um Barfussschuhe verschiedener Hersteller mit einer guten fachkundigen Beratung zu probieren und direkt zu kaufen. Dann war schnell klar, die Idee ist gut und ich habe Bock auf Veränderung und Neues. 

Der Name Alma & Friedl – woher kommt die Idee?
Ich liebe Namen, schon immer. Ich habe zwei Kinder, ein Mädchen und einen Jungen, ein bisschen steht der Name auch für sie. 
Alma & Friedl klingt warm und ein bisschen nach Zuhause. Genau das soll mein Laden sein. Wenn KundInnen hier reinkommen, vor allem Kinder, höre ich oft: Ma isches do fein, foscht wia drhuam. 

Was tust du für die Umwelt?
Ich glaube Dinge, die jetzt viele tun. Nichts Besonderes, aber doch viele Kleinigkeiten, die in Summe einiges ausmachen. Plastik sparen/vermeiden, regional und biologisch einkaufen, schadstoffbelastete Dinge vermeiden, Secondhand und Fair Fashion, reparieren oder upcycling statt wegwerfen. Aber ich möchte es nicht an die große Glocke hängen. Ich mache diese Dinge und einiges mehr, weil es für mich einfach logisch und normal ist. Ich informiere mich, lerne ständig dazu und handle dann. 

Was bedeutet Nachhaltigkeit für dich persönlich und in deinem Geschäftsmodell?
Für mich stand fest, wenn ich das mache, dann nur mit einem so kleinen ökologischen Fußabdruck, wie möglich. Alle Schuhe im Laden sind in Europa produziert und allen Herstellern ist eine nachhaltige Produktion wichtig. Für die Einrichtung habe ich nur Dinge benutzt, die entweder schon da sind, wie zum Beispiel die alten Schubladenregale oder nachwachsende Materialien wie Holz oder 100% Schurwolle für den Teppich. Super wichtig war mir auch im Bereich Finanzen und Strom ökologisch, nachhaltig, sozial und ethisch zu sein. Ich hab ein ethisches Bankkonto bei der Banca Etica und 100% erneuerbare Energie von euch. 

Warum hast du dich für Ötzi Strom entschieden und (warum) würdest du uns weiterempfehlen?
Privat sind wir als Familie auch Mitglied von Ötzi Strom. Deshalb stand sofort klar, dass auch die Lichter im  Laden mit Ötzi Strom leuchten sollen. Ich kann mir zu 100% sicher sein, dass der Strom nachhaltig produziert ist. Für mich das wohl wichtigste Argument. 

So beschreibe ich Ötzi Strom: EINFACH, TRANSPARENT, GENOSSENSCHAFTLICH, DEMOKRATISCH
Ich kann euch empfehlen weil, wie ihr selbst so schön sagt, Ötzi Strom eine Gemeinschaft ist, die Werten verpflichtet ist und Werte schafft.

Für weitere Informationen und um Alma & Friedl in den Sozialen Medien zu folgen:


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Textilindustrie: Kreislaufwirtschaft statt „FAST-FASHION“

Am 1. Juni 2023 stimmten die Abgeordneten des Europäischen Parlaments mehrheitlich Vorschlägen für strengere EU-Maßnahmen zur Eindämmung der übermäßigen Produktion von Fast-fashion-Textilien zu.

In dem Beschluss des Parlaments wird gefordert, dass die Menschen-, Sozial- und Arbeitsrechte sowie der Umwelt- und Tierschutz bei der Produktion von Kleidung in der gesamten Lieferkette beachtet werden müssen. „Die Europäische Union muss die Hersteller und großen Modeunternehmen gesetzlich verpflichten, nachhaltiger zu arbeiten. Die Menschen und der Planet sind wichtiger als die Gewinne der Textilindustrie“, erklärte Delara Burkhardt. Sie ist Berichterstatterin über die EU-Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien. Und: „Die Verbraucher allein können den globalen Textilsektor nicht durch ihre Kaufgewohnheiten reformieren. Wenn wir dem Markt erlauben, sich selbst zu regulieren, öffnen wir die Tür für ein Fast-Fashion-Modell, das die Menschen und die Ressourcen des Planeten ausbeutet“. Daher müsse die EU Textil-Hersteller und Textil-Verkäufer gesetzlich verpflichten, nachhaltiger zu arbeiten.

Im Rahmen des Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft stellte die EU-Kommission schon im März 2022 eine neue Strategie vor. Damit sollen Textilien haltbarer, reparierbarer, wieder verwendbar und recycelbar werden. Auch will man gegen „Fast Fashion“ vorgehen und Innovationen fördern. Die neue Strategie umfasst neue Ökodesign – Anforderungen für Textilien und verständlichere Informationen. Zudem wird ein digitaler Produktpass gefordert. Die Unternehmen werden klar aufgefordert Verantwortung zu übernehmen und eigenständig Maßnahmen zu ergreifen, um den ökologischen Fußabdruck zu minimieren.

Für diese Maßnahmen gibt es viele Gründe. Schätzungen zufolge wurden in der weltweiten Textil- und Bekleidungsindustrie 2015 zirka 79 Milliarden Kubikmeter Wasser verbraucht. Im Gegensatz hat die gesamte Wirtschaft der EU im Jahr 2017 266 Milliarden Kubikmeter Wasser verbraucht. Es benötigt schätzungsweise 2.700 Liter Süßwasser für die Herstellung eines einzigen Baumwoll-T-Shirts. Dies ist soviel wie die Menge, die eine Person in 2,5 Jahren trinkt. Der Textilsektor war im Jahr 2020 die drittgrößte Ursache für Wasserverschmutzung und Flächenverbrauch.

Ebenfalls 2020 wurden im Durchschnitt neun Kubikmeter Wasser, 400 Quadratmeter Land und 391 Kilogramm Rohstoffe benötigt, um Kleidung und Schuhe für jeden EU-Bürger herzustellen. Das Wasser wird durch die Färbung und Veredelung von Textilien im Rahmen der Herstellung verschmutz. Zirka 20 Prozent der weltweiten Wasserverschmutzung kommt aus der Textilherstellung. Etwa 35 Prozent des primären Mikroplastiks, das in die Umwelt gelangt, hat seinen Ursprung im Waschen von synthetischen Textilien. Bei einer einzigen Wäsche von Polyesterkleidung können 700.000 Mikroplastikfasern freigesetzt werden, die dann in die Nahrungskette gelangen können. Das Waschen synthetischer Produkte hat dazu geführt, dass sich bereits mehr als 14 Millionen Tonnen Mikroplastik auf dem Grund der Ozeane angesammelt haben.

Klimakonferenz COP28: der Bock als Gärtner?

Wird die nächste weltweite Klimakonferenz vom Chef eines mächtigen Ölkonzerns geleitet?

Was auf den ersten Blick wie ein schlechter Witz klingt, könnte wirklich stattfinden. Sultan Ahmed al-Dschaber, ist der designierte Präsident der COP28 im kommenden November. Er ist aber auch Industrieminister des Gastgeberlandes Vereinigte Arabische Emirate (VAE) und zugleich Chef des staatlichen Ölkonzerns Adnoc. „Wir fordern Sie dringend auf, sich dafür einzusetzen, dass die Vereinigten Arabischen Emirate auf die Nominierung von Sultan al-Jaber verzichten“, war die Forderung. Diese kam von über 130 Abgeordnete des amerikanischen Kongresses und des Europäischen Parlaments in einem Protestbrief. Damit brachten sie ihre „tiefe Besorgnis“ zum Ausdruck. Das Schreiben war am 23. Mai an US-Präsident Joe Biden, an die Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen und an UN-Generalsekretär Antonio Guterres. Auch erhielt Simon Stiell, der Exekutivsekretär für Klimaschutz der Vereinten Nationen, dieses Schreiben.

In dem Brief fordern die Abgeordneten zudem, „den Einfluss umweltverschmutzender Industrien“ auf die Klimakonferenz einzuschränken. Beim jüngsten Klimagipfel in Ägypten warben nach Angaben von Umweltschützern mehr als 600 Lobbyisten für die fossilen Energieträger Öl, Gas und Kohle.

Die Vereinigten Arabischen Emirate gehören zu den zehn größten Ölproduzenten der Welt und wollen trotz Klimakrise ihre klimaschädliche Öl-und Gas-Produktion noch weiter ausbauen. Allein im zweiten Halbjahr 2022 nahm Adnoc acht neue Bohrinseln in Betrieb. Am 7. Juni enthüllte die britische Tageszeitung „The Guardian“, dass Adnoc den E-Mail-Verkehr des Büros des Cop28-Klimagipfels mitlesen konnte. Das Cop28-Büro hatte zuvor behauptet, sein E-Mail-System sei „eigenständig“. Eine technische Analyse ergab jedoch, dass die COP28-Verwaltung E-Mail-Server mit Adnoc gemeinsam nutzte. Als Reaktion auf die Recherchen des „Guardian“ wechselte das Cop28-Büro inzwischen auf einen anderen Server.

Die französische EU-Abgeordnete Manon Aubry erklärte dazu: „Das ist ein Skandal. Ein Öl- und Gasunternehmen ist in das Zentrum der Organisation vorgedrungen, die für die Koordinierung des Ausstiegs aus Öl und Gas zuständig ist. Das ist so, als ob ein großer Tabakkonzern die Kommunikation der Weltgesundheitsorganisation beaufsichtigen würde.“

Innovation: schwimmende Photovoltaik-Kraftwerke

Der Sektor der erneuerbaren Energien in Italien boomt mit Photovoltaik.

Trotz der schwierigen ökonomischen Rahmenbedingungen planten italienische Energiebetriebe 2022 Investitionen in der Höhe von 41 Milliarden Euro für neue „grüne“ Produktionsanlagen mit einer Gesamtleistung von 38,9 Gigawatt (GW). Die Anzahl der Investitionsprojekte hat sich damit im Vergleich zu 2021 mehr als verdoppelt. Dies geht aus dem  Jahresbericht 2023 des Energie-Think Tanks Irex hervor.

Absoluter Spitzenreiter ist 2022 die Agrofotovoltaik, die mit 390 Projekten und einem Investitionsumfang von 12 Milliarden Euro einen Anteil von 41 Prozent (!) an allen Investitionsvorhaben im Bereich der erneuerbaren Energien erreicht. Auf dem zweiten Platz liegen Photovoltaik-Kraftwerke auf Dächern und nicht von der Landwirtschaft genutzten Fächen mit 35,1 Prozent aller 2022 geplanten Investitionen. Es folgen die Onshore-Windkraft (19,4 Prozent), die Biomasse (1,5 Prozent), Energie-Speichersysteme (ein Prozent), die Wasserkraft (ein Prozent) und die Geothermie (0,5 Prozent). Der Senat hat jetzt einen wichtigen Schritt gesetzt, um eine weitere Variante der PV-Technik zu fördern.

So erleichterte man das Genehmigungsverfahren für den Bau schwimmender PV-Anlagen im so genannten „Decreto Siccità“. Im Einzelnen betrifft diese Maßnahme PV-Anlagen, die auf Stauseen, Tagebauseen, natürlichen Seen oder über Bewässerungskanälen installiert sind.

Als „schwimmende Photovoltaik“ werden Photovoltaik-Kraftwerke auf Gewässern bezeichnet, deren Module auf Schwimmkörpern montiert sind. Verankert ist die Anlage dabei am Ufer oder am Gewässergrund. Aufgrund der natürlichen Modulkühlung durch das Wasser arbeiten die „Floating Photovoltaics“ deutlich effizienter als konventionelle Freiflächenanlagen. Die größte dieser innovativen Anlagen in Europa befindet sich in den Niederlanden mit einer installierten Leistung von 27,4 Megawatt Peak (MWp). Dieses Kraftwerk kann 4.000 Haushalte mit Strom versorgen. Die Technologie auch auf dem offenen Meer oder an den Küsten eingesetzt werden.

Eine weitere Anwendungsmöglichkeit ist die Integration auf Abdeckfolien von landwirtschaftlichen Wasserspeichern oder Fischfarmen. In Zypern wurde 2018 die weltweit erste schwimmende Solarfolie auf einem 6.500 Quadratmeter großen und 4,50 Meter tiefen Wasserreservoir installiert. Dieses Solarkraftwerk reduziert die Wasserverdunstung und erzeugt gleichzeitig den Strom für die Pumpanlagen und das Potential ist groß. In einer Studie der World Bank Group wurde allein für Europa ein Potenzial von 20 GW Peak ermittelt. Dies bei nur ein Prozentiger Nutzung der Fläche künstlicher Süßwasserreservoirs als PV-Standort.

Die gute Nachricht: das Wachstum der erneuerbaren Energien

Die internationale Energieagentur IEA geht in ihrem Renewable Energy Market Update 2023 davon aus, dass der weltweite Zubau von Strom aus erneuerbaren Energien in diesem Jahr um ein Drittel (!) ansteigen wird. Für das Jahr 2024 prognostiziert die Studie einen Anstieg der Gesamtkapazität der erneuerbaren Energien weltweit auf 4.500 Gigawatt. Dies entspricht der gesamten Stromerzeugung Chinas und der USA zusammen. Dabei wird China laut der IEA-Prognose seine Führungsposition halten. 2023 und 2024 wollen sie fast 55 Prozent des weltweiten Zubaus an erneuerbarer Energiekapazität im eigenen Land realisieren.

Ganz vorne liegt – wie auch in Südtirol und im restlichen Italien – die Photovoltaik. Laut Renewable Energy Market Update 2023 wird der Zubau von PV-Anlagen zwei Drittel des diesjährigen Anstiegs der Stromerzeugungskapazität aus erneuerbaren Energien ausmachen. Bis 2024 soll die Zahl weiter wachsen. Der Ausbau von PV-Großanlagen wird von einem Wachstum kleinerer Systeme begleitet. Höhere Strompreise fördern ein schnelleres Wachstum von PV-Dachanlagen, die es Haushalten und Unternehmen ermöglichen, ihre Energierechnungen zu senken. Gleichzeitig erwartet man sich, dass sich die Herstellungskapazität für alle PV-Produktionssegmente bis 2024 mehr als verdoppeln wird. Allen Voran steht China, dann eine zunehmende Diversifizierung des Angebots in den Vereinigten Staaten, Indien und Europa.

Ausgehend von diesen Trends wird die Welt im Jahr 2030 über genügend PV-Produktionskapazitäten verfügen, um die im IEA-Szenario „Netto-Null-Emissionen bis 2050“ vorgesehene jährliche Nachfrage zu decken. Die Prognose für das Wachstum der erneuerbarer Energien in Europa wurde gegenüber der Zeit vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine um 40 Prozent nach oben korrigiert. Durch die neu installierte PV- und Windkraftkapazität hat man in der EU im Zeitraum 2021-2023 schätzungsweise 100 Milliarden Euro gespart. Dem IEA-Bericht zufolge wären die Großhandelspreise für Strom in Europa im Jahr 2022 ohne die zusätzlichen Kapazitäten für erneuerbare Energien um acht Prozent (!) höher gewesen.

Die Internationale Energieagentur IEA wurde 1974 als unabhängige Einrichtung innerhalb der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gegründet. Ursprünglich sollte die IEA – als Reaktion auf die erste Ölkrise – eine störungsfreie Ölversorgung gewährleisten. Heute ist die IEA in nahezu allen Energiepolitikbereichen aktiv. Dabei liegt der Fokus zunehmend auf der Erreichung einer Treibhausgasneutralität bis 2050.

Mit gutem Beispiel voran: Das E-Werk Prad

In Prad am Stilfserjoch beginnt die „Energiewende“ schon 1923. Fünf Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs nehmen sechs Bürger in Prad am Stilfserjoch die Versorgung ihres Dorfes mit Energie in die eigene Hand. Dazu bauen sie für 375.000 Lire – dem damaligen Preis für 300 Kühe – am Tschirnbach ein Wasserkraftwerk. Dieses erzeugte 1925 den ersten Strom.

Aus dem privaten Unternehmen wird 1926 eine Genossenschaft mit damals 47 Mitgliedern. Seitdem ist die Energie-Werk-Prad Genossenschaft (EWP, 1.490 Mitglieder) bemüht, die eigene Gemeinde mit eigenständig erzeugter erneuerbarer Energie zu fairen Preisen zu versorgen. Heute wird der Strom in Prad vorwiegend in vier eigenen Wasserkraftwerken, einer PV-Anlage und mit vier Kraftwärmekoppelungsmodulen erzeugt. Über das eigene Leitungsnetz gelangt die genossenschaftliche elektrische Energie zu 2.145 Stromanschlüssen. Zwei von der E-Werk-Genossenschaft geführte Heizwerke beliefern über ein 28 Kilometer langes Leitungsnetz 595 Übergabestationen mit nachhaltiger Wärme.

Von 1980 bis zu seinem Tod im Jahr 2018 leitet der legendäre Obmann Georg Wunderer die E-Werk-Genossenschaft. Er macht aus diesem lokalen Non-Profit-Betrieb einen effizienten und innovativen Energieversorger. Diesen beachten Italien und Europa und gilt auch international als „Musterbetrieb“. Ein Beispiel: 2013 legt die Umweltorganisation Legambiente ihren 8. Bericht über die Nutzung erneuerbarer Energieträger in italienischen Gemeinden vor. Dabei zeichnet sie – wieder einmal – die Arbeit des kleinen E-Werks in der Südtiroler Peripherie als „beispielhaft“ aus. Georg Wunderers energiepolitische Position lässt sich in wenigen Sätzen zusammenfassen:

Energie gehört zur Grundversorgung für alle und muss daher den Menschen dienen und nicht der Kapitalvermehrung. Diese Haltung erklärt, warum sich Georg Wunderer in Südtirol mit Beharrlichkeit, Besonnenheit und großem Optimismus für eine periphere Energiewirtschaft eingesetzt hat. Hier sind nicht landesfremde Unternehmen oder fremde Landesunternehmen die einzigen Entscheidungsträger, sondern die Verbraucherinnen und Verbraucher selbst.

Im Frühjahr 2020 wird das E-Werk in Prad zu einem wichtigen Innovationsstandort. Die vom Staatsbetrieb GSE (Gestore servizi energetici) kontrollierte Forschungseinrichtung RSE (Ricerca sul Sistema Energetico) untersucht vor Ort, ob die E-Werk-Genossenschaft in Prad ihre Mitglieder als „Energieinsel“ oder Energiegemeinschaft autonom mit Strom zu versorgen kann. Dabei stehen technische Innovationen wie digitale Steuerungssysteme und effizienten Energiespeicher ebenso auf dem Prüfstand wie eine Kosten-Nutzen-Analyse und die administrativ-rechtlichen Voraussetzungen. Die Ergebnisse dieser Projektstudie werden später zu einer wichtigen Grundlage für die Regelung von Energiegemeinschaften in Italien.