Wird die nächste weltweite Klimakonferenz vom Chef eines mächtigen Ölkonzerns geleitet?
Was auf den ersten Blick wie ein schlechter Witz klingt, könnte wirklich stattfinden. Sultan Ahmed al-Dschaber, ist der designierte Präsident der COP28 im kommenden November. Er ist aber auch Industrieminister des Gastgeberlandes Vereinigte Arabische Emirate (VAE) und zugleich Chef des staatlichen Ölkonzerns Adnoc. „Wir fordern Sie dringend auf, sich dafür einzusetzen, dass die Vereinigten Arabischen Emirate auf die Nominierung von Sultan al-Jaber verzichten“, war die Forderung. Diese kam von über 130 Abgeordnete des amerikanischen Kongresses und des Europäischen Parlaments in einem Protestbrief. Damit brachten sie ihre „tiefe Besorgnis“ zum Ausdruck. Das Schreiben war am 23. Mai an US-Präsident Joe Biden, an die Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen und an UN-Generalsekretär Antonio Guterres. Auch erhielt Simon Stiell, der Exekutivsekretär für Klimaschutz der Vereinten Nationen, dieses Schreiben.
In dem Brief fordern die Abgeordneten zudem, „den Einfluss umweltverschmutzender Industrien“ auf die Klimakonferenz einzuschränken. Beim jüngsten Klimagipfel in Ägypten warben nach Angaben von Umweltschützern mehr als 600 Lobbyisten für die fossilen Energieträger Öl, Gas und Kohle.
Die Vereinigten Arabischen Emirate gehören zu den zehn größten Ölproduzenten der Welt und wollen trotz Klimakrise ihre klimaschädliche Öl-und Gas-Produktion noch weiter ausbauen. Allein im zweiten Halbjahr 2022 nahm Adnoc acht neue Bohrinseln in Betrieb. Am 7. Juni enthüllte die britische Tageszeitung „The Guardian“, dass Adnoc den E-Mail-Verkehr des Büros des Cop28-Klimagipfels mitlesen konnte. Das Cop28-Büro hatte zuvor behauptet, sein E-Mail-System sei „eigenständig“. Eine technische Analyse ergab jedoch, dass die COP28-Verwaltung E-Mail-Server mit Adnoc gemeinsam nutzte. Als Reaktion auf die Recherchen des „Guardian“ wechselte das Cop28-Büro inzwischen auf einen anderen Server.
Die französische EU-Abgeordnete Manon Aubry erklärte dazu: „Das ist ein Skandal. Ein Öl- und Gasunternehmen ist in das Zentrum der Organisation vorgedrungen, die für die Koordinierung des Ausstiegs aus Öl und Gas zuständig ist. Das ist so, als ob ein großer Tabakkonzern die Kommunikation der Weltgesundheitsorganisation beaufsichtigen würde.“