MIT ÖTZI GUT INFORMIERT: DIE STROMRECHNUNG

Aus welchen Elementen besteht die Stromrechnung und welche Bestandteile werden von den Anbietern selbst festgelegt?

Grundlegend besteht die Stromrechnung aus Fixquoten, welche sich im Laufe des Jahres nicht verändern und auch dann berechnet werden, wenn kein Strom verbraucht wird, und variablen Quoten, welche vom Energieverbrauch oder von der Leistung des Zählers (kW) abhängen.

Der wichtigste Bereich auf der Stromrechnung und jener, der vom Anbieter selbst festgelegt wird, ist natürlich der Preis für den Rohstoff Energie. Dieser besteht aus einem Fixanteil und variablen Anteil. Der Fixanteil beinhaltet die Vermarktungskomponente welche bei Ötzi Strom die Kosten für die eigene kommerzielle Tätigkeit (Vermarktung) sowie – mit einer vorgegebenen und vom Anbieter nicht veränderbaren fixen Regelungsquote – die Kosten für die Aufrechterhaltung des gesamten Versorgungssystems ab, in dem ganztätig ein Gleichgewicht zwischen der eingespeisten und der entnommenen elektrischen Energie herrschen muss. Zudem gewährt Ötzi Strom fixe Rabatte für Zahlungen mit Dauerauftrag und für digitale – und damit papier- und versandkostenfreie – Rechnungen.

Zur variablen Quote gehören die Kosten für den in den drei Zeitzonen (F1, F2 und F3) konsumierten Strom und ein variabler verbrauchsabhängiger Teil der oben beschriebenen Regelungsquote. Die Kosten für Energie werden von den Anbietern festgelegt. Bei Ötzi Strom besteht der „variable” Strompreis aus dem Referenzpreis an der italienischen Strombörse PUN und einem Beitrag für die Entwicklung und Verwaltung der Ötzi-Genossenschaft, dem sogenannten Spread, sowie aus den Kosten für die Netzverluste oder jenen Strom, der beim Transport verloren geht und damit nicht am Übergabepunkt ankommt.

Auf die übrigen Elemente der Stromrechnung haben die Anbieter keinen Einfluss wie etwa auf die Kosten für den Transport der elektrischen Energie durch die lokalen und überregionalen Verteilungsnetze und die Verwaltung des Stromzählers. Ein Teil dieser Einnahmen wird den Netzbetreibern für die Förderung von Qualitätsverbesserungen zur Verfügung gestellt. Die Spesen für Systemaufwendungen setzen sich aus den beiden Komponenten ASOS und ARIM zusammen, mit denen die Förderung von elektrischer Energie aus erneuerbaren Quellen und der Kraft-Wärme-Koppelung, die Stromerzeugung in Müllverbrennungsanlagen, Ausgleichsmaßnahmen für Standorte von Kernkraftwerken oder Atommülldeponien, der Rückbau von Kernkraftanlagen und die Entsorgung des radiaoaktiven Mülls, Vergünstigungen im Eisenbahnverkehr, der Sozialbonus, Forschungsprojekte im Bereich des Stromsystems, die Förderung der Energieeffizienz und der Zusammenschluss kleinerer Stromverteiler sowie die Unterstützung von Stromversorgern auf kleinen Inseln finanziert wird. Ergänzt werden diese Elemente durch unterschiedliche Steuern und die TV-Gebühr für den Privatgebrauch.

PRAXISNAHE FORSCHUNG: DAS NEUE PHOTOVOLTAIK-LABOR DER EURAC

High-Tech in Südtirol: Im neuen Photovoltaik-Prototyping-Labor des Instituts für Erneuerbare Energie der Eurac können Unternehmen und Universitäten PV-Technologien prüfen und verwirklichen – vom technischen Entwurf bis zur Montage der Module, von Labor-Tests bis zu Testreihen unter freiem Himmel und damit unter realen Einsatzbedingungen. PV-Module bestehen aus einer ersten Glasschicht mit dem Verkapselungsmaterial, den mit Kupferstreifen miteinander verbundenen Solarzellen, einer weitere Ebene aus Verkapselungsmaterial und schließlich einer Rückwandfolie. Das Verkapselungsmaterial umschließt und hält die Solarzellen zusammen und schützt sie vor Feuchtigkeit, Staub und UV-Strahlung. Diese Komponenten werden in einen „Ofen” geschoben. Das neue Eurac-Labor verfügt über ein Laminiergerät, das die Komponenten erhitzt, presst und so zusammenfügt, dass am Ende ein fertiges Modul entsteht. Dort misst ein Dynamischer Differenzkalorimeter die thermischen Eigenschaften der verwendeten Materialien, die bei der richtigen Temperatur und in einer korrekt bemessenen Zeit „gebacken“ werden müssen, um später effizient arbeiten zu können.

Das Spektralphotometer misst deren optische Eigenschaften, um herauszufinden wie viel Licht durch die Glasschicht des Moduls dringt und die Photovoltaikzellen erreicht. Sobald die Module aus dem „Ofen“ kommen, testen die Forscher und Forscherinnen des Instituts für Erneuerbare Energie Funktionalität und Zuverlässigkeit. Der Strom- und Spannungstester, der durch einen Sonnensimulator ergänzt wird, misst die Effizienz, mit der das Modul Sonnenlicht in Strom umwandelt und in der Klimakammer werden die Module extremen Temperaturen sowie unterschiedlichen Feuchtigkeitsstufen ausgesetzt. Auf diese Weise wird die Widerstandsfähigkeit der Photovoltaikmodule gegenüber den Umweltbedingungen, denen sie an ihren Standorten ausgesetzt sein könnten, geprüft. Der letzte Schritt der im Photovoltaik-Prototyping-Labor durchgeführten Tests besteht darin, die fertige Photovoltaik-Module auf dem Freigelände des Instituts für Erneuerbare Energie in einer realen PV-Anlage zu prüfen.

Je nach Standort und Einsatzbereich müssen PV-Prototypen eine Reihe von Anforderungen erfüllen, die in der Eurac getestet werden. So dürfen Module in der Agri-Photovoltaik die Sonneneinstrahlung nicht ganz abschirmen und das Wachstum der Pflanzen nicht beeinträchtigen und um das ästhetische Erscheinungsbild von Gebäuden zu erhalten, werden Module benötigt, die weitgehend „unsichtbar” auf Fassaden oder Dächer montiert werden. Durch Tests mit verschiedenfarbigen Gläsern und unterschiedlichen Polymerplatten ist es möglich, Technologien zu entwickeln, die auch diesem besonderem Bedarf gerecht werden.

EU-WAHL: WACKELT DER GREEN DEAL?

Europa hat gewählt – und in der europäischen Energie- und Klimapolitik deutet sich schon jetzt eine Neuorientierung an. Was geschieht mit dem Green Deal? Kommt es zu einem „weiter so” oder gar zu einer „Rolle rückwärts”? Schon heute wird das Reformtempo rhetorisch ausgebremst: Europas Wirtschaftsverbände fordern inzwischen einen neuen Industriedeal, die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni will „ideologische Normen” abändern oder ganz streichen und die Europarlamentarier des französischen Rassemblement National wollen das umfangreiche Vertragswerk ganz abschaffen oder einzelne Maßnahmen wie das bereits beschlossene Verkaufsverbot für Autos mit Verbrennermotoren ab 2035 kippen. Auf ihrem Gipfeltreffen am 27. Juni plädierten die Staats- und Regierungschefs der EU für einen vorsichtigeren „pragmatischen” Übergang zur Klimaneutralität.

Auch wenn die Erfinderin des Green Deal, die Christdemokratin Ursula von der Leyen, jetzt für eine zweite Amtszeit als Kommissionspräsidentin nomminiert wurde und sich Mitte Juli im europäischen Parlament zur Wahl stellen wird, dürfte sich die praktische Umsetzung der vielen Green-Deal-Vorgaben in den kommnenden fünf Jahren wohl spürbar verlangsamen. Ein Grund für diesen politischen Stimmungsumschwung ist sicher der Krieg in der Ukraine. Als der Green Deal 2019 – also vor dem russischen Überfall auf das Nachbarland – beschlossen wurde, war der Klimawandel das wichtigste politische Thema in Europa. Heute sind es die militärische Verteidigungsfähigkeit, die Absicherung des eigenen Wohlstands und die Angst vor einer Ausweitung des Konflikts.

Der aus vielen europäischen Richtlinien und nationalen Gesetzen bestehende Green Deal will Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent machen. Zu den bereits umgesetzen Maßnahmen gehören die Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energie, der Handel mit CO2-Zertifikaten, um Kohle und Gas künstlich zu verteuern, neue Energiesysteme in Gebäuden, die Möglichkeit, Energiegemeinschaften zu gründen, die Förderung der E-Mobilität, eine nachhaltige Landwirtschaft und der Schutz der Ökosysteme. Ein gigantisches Vorhaben: Eine  Billion Euro will die EU in ihren Mitgliedsstaaten bis 2030 in grüne Technologien investieren. Landet der Green Deal jetzt auf dem Müllhaufen der Geschichte? Übrigens ist der Müll oder die Menge der Abfälle, die wir täglich wegwerfen, eines der wichtigsten Probleme, die der Green Deal lösen will. Denn aus Europas Mülldeponien entweichen heute große Mengen des Treibhausgases Methan, das aus Biomüll entsteht, der unter der Erde verottet. Deshalb setzt der Green Deal auf die Mülltrennung und das Recycling von Wertstoffen. 60 Prozent des europäischen Hausmülls landen immer noch auf der Deponie. Bis 2030 will die EU diese Zahl halbieren und die Methan-Emissionen um 30 Prozent senken – auch durch den Umbau der Landwirtschaft mit dem Brachlegen von Böden, der Renaturierung von Moorlandschaften  und der Einschränkung chemischer Düngemittel.

Dennoch sind die Widerstände groß. Hat die EU-Bürokratie in diesem Bereich – bei allen guten Absichten – den Dialog mit den Menschen vergessen? Während die USA und China in der Klima- und Energiepolitik auf wirtschaftliche Anreize setzen, konzentriert sich die EU auf Verbote und komplexe Vorschriften. Und das kommt bei den Betroffenen gar nicht gut an: So protestieren Europas Bauern, Autofahrer und Hausbesitzer inzwischen gegen den aus Büssel verordneten Wandel – und stützen im neuen EU-Parlament damit jene Parteien, die den Green Deal am liebsten ganz entsorgen möchten.

EIN RIESIGES POTENTIAL: SCHWIMMENDE PHOTOVOLTAIK ANLAGEN IN NORDAFRIKA

Als „schwimmende Photovoltaik“ werden Photovoltaik-Kraftwerke auf Gewässern bezeichnet, deren Module auf Schwimmkörpern montiert sind. Verankert sind die Anlagen am Ufer oder am Gewässergrund. Aufgrund der natürlichen Modulkühlung durch das Wasser arbeiten diese „Floating Photovoltaics“ deutlich effizienter als konventionelle Freiflächenanlagen. Ein weiterer Vorteil: Schwimmende Photovoltaik-Anlagen verringern die Verdunstung auf der von ihnen bedeckten Wasserfläche – und zwar ganz besonders in den heißen Wüstenregionen auf der Südhalbkugel. Ein internationales Forschungsteam hat diese Aussagen in einer neuen Studie bestätigt.

Als Fallbeispiele dienten dabei der Nasser-See in Ägypten und der Nubia-See im Sudan, die in den 1960er Jahren durch den Bau des Assuan-Staudamms entlang des Nils in beiden Staaten entstanden sind (Evaporation reduction and energy generation potential using floating photovoltaic power plants on the Aswan High Dam Reservoir). Es handelt sich dabei um eine 6.000 Quadratkilometer große Wasserfläche mit 169 Milliarden Kubikmetern Wasser. Die Forschungsergebnisse unterstreichen das enormene Potential der Photovoltaik-Technologie auf diesen beiden künstlichen Seen. Die Forscherinnen und Forscher haben die Auswirkungen schwimmender Photovoltaik-Kraftwerke unterschiedlicher Größen für die Jahre 2005 bis 2016 berechnet. Wenn man in diesem Zeitraum auf zehn Prozent der Wasserfläche schwimmende Photovoltaik-Module installiert hätte, wäre der Wasserverlust durch die Verdunstung um 7,2 Milliarden Kubimeter gesunken, bei ener 90prozentigen Abdeckung der Seen steigt diese Zahl auf 70,4 Milliarden Kubikmeter.

Erstaunlich sind auch die Berechnungen der Stromproduktion: Mit einem Solarkraftwerk, das nur zehn Prozent der gigantischen Wasserfläche nutzt, könnte Ägypten 95 Prozent seines eigenen Bedarfs an elektrischer Energie erzeugen. Würde das Solarkraftwerk auf 50 Prozent der Fläche der Seen errichtet, könnte die Stromproduktion sogar den Bedarf des gesamten afrikanischen Kontinents (715 Terawattstunden) abdecken.

MIT GUTEM BEISPIEL VORAN: DIE BIOENERGIA FIEMME AG

Die Bioenergia Fiemme AG wurde 1999 – in einem Jahrzehnt also, in dem auch viele Südtiroler Biomassefernheizwerke in Betrieb gingen – in Cavalese im Fleimstal gegründet, um dort Haushalte und Unternehmen mit den Hackschnitzeln aus der lokalen Forst- und Holzwirtschaft zu beheizen. Der Ausgangspunkt für diese Kreislaufwirtschaft sind die zirka 60 Millionen Fichten im Fleimstal.

2022 versorgte Bioenergia Fiemme über ein 30 Kilometer langes Leitungsnetz 704 Anschlusspunkte mit „grüner” Wärme, die heute in drei mit Biomasse befeuerten Heizkesseln erzeugt wird. Eine ORC-Anlage erzeugt aus Wärme elektrische Energie und eine Kraft-Wärme-Koppelung liefert den im Betrieb verbrauchten Strom. Für Notfälle stehen in dem 2016 errichteten architektonisch anspruchsvollen Fernheizwerk mit Erdgas versorgte Heizkessel zur Verfügung. 24 Prozent der Aktionäre sind Bürgerinnen und Bürger aus Cavalese, die häufig selbst an das lokale Fernwärmenetz angeschlossen sind.

Mehr als „nur” Fernwärme: Auffällig ist, das Bioenergia Fiemme die eigene Geschäftstätigkeit immer weiter diversisifiziert hat: So wird der Dampf in den Heizkesseln genutzt, um aus Fichtenholz ätherische Öle zu extrahieren, die das Tochterunternehmen Magnifica Essenza GmbH seit 2019 vermarktet. Mit dem Sägemehl, das nicht verbrannt werden kann, erzeugt Bioenergia Fiemme seit 2016 Holzpellets. 2010 wurde das Tochterunternehmen BioEnergia Fiemme gegründet, das heute 60.000 Tonnen Bioabfälle aus Südtirol und dem Trentino zu wertvollem Kompost verarbeitet und neben elektrischer Energie auch Biomethan produziert.

ÖTZI WIKI: WAS IST EIGENTLICH GREENWASHING?

Wörtlich übersetzt bedeutet Greenwashing „grünwaschen“. Die Farbe Grün steht dabei symbolisch für die Natur und den Umweltschutz. Mit Waschen ist in diesem Zusammenhang allerdings „sich von etwas reinwaschen“ gemeint. Anders gesagt: Zahlreiche Unternehmen oder Organisationen stellen Herstellungsprozesse, Dienstleistungen, Arbeitsbedingungen Transportwege und – vor allem – ihre Produkte in der Werbung umweltfreundlicher und nachhaltiger dar, als sie es tatsächlich sind. Dahinter steckt meistens eine Marketingstrategie, die gezielt falsche Informationen einsetzt, um sich selbst ein „grünes” Image zu verleihen.

Ein Beispiel: Ölpalmen gelten als die ertragreichsten Pflanzen zur Ölgewinnung und werden daher in unzähligen Lebensmitteln, Kosmetika oder auch in Diesel-Kraftstoffen eingesetzt. Die extreme Nachfrage gefährdet jedoch den Regenwald, da dieser für riesige Palmölplantagen, abgeholzt wird. Dennoch existieren immer noch Umwelt”-Siegel, die auf Verpackungen für nachhaltiges” Palmöl werben. Das ist allerdings in der landwirtschaftlichen Praxis kaum möglich: Durch die Monokultur der Ölpalmen werden die Böden in wenigen Jahren ausgelaugt – und um die Produktion weiterzuführen, muss immer neuer Regenwald abgeholzt werden.

Irreführende Naturbilder, unpräzise Begriffe wie „natürlich” oder „umweltfreundlich” und bedeutungslose Zertifizierungen gibt es in nahezu allen Branchen – wenn etwa ein Autokonzern behauptet, Dieselkraftstoff schone die Umwelt, ein Modekonzern eine (sehr kleine) “umweltfreundlich” produzierte Kollektion bewirbt und in seinem (sehr großen) Kerngeschäft weiterhin Polyester verarbeitet oder ein Mineralökonzern sein Engagement bei der Reduzierung des eigenen CO2-Ausstoßes medienwirksam unterstreicht und gleichzeitig  Ölförderungsprojekte in sensiblen Regionen wie der Arktis betreibt. Ein weiteres Beispiel ist die CO2-Kompensation: Unternehmen können ihren CO2-Ausstoß mit dem Erwerb von  „Emissionsgutschriften” ausgleichen, mit denen Klimaprojekte im Ausland finanziert werden. Deutsche Medien haben einige dieser vor allem von der Mineralölwirtschaft unterstützten Projekte in China untersucht. Ein Ergebnis dieser Recherchen: Bei einem mit 80 Millionen Euro geförderten „Klimaprojekt” handelte es sich offenbar um einen verlassenen Hühnerstall. Wie kann man sich gegen Greenwashing schützen? Die Antwort ist einfach: Mit Informationen und kritischem Denken. Seid misstrauisch, hinterfragt Unternehmensaussagen, recherchiert auf den Webseiten von Verbraucherschutz- und Umweltorganisationen und achtet auf allgemein verlässliche Zertifizierungen wie Fairtrade oder FSC (Forest Stewardship Council).

VOLLVERSAMMLUNG VON ÖTZI STROM 2024

Ötzi Strom ist attraktiv und wächst weiter: 2022 hatten sich 1.494 Mitglieder unserer 2019 gegründeten Genossenschaft angeschlossen, Ende 2023 waren es bereits 2.450 und Ende April 2024 versorgte Ötzi Strom schon 2.980 Business- und Haushaltskunden mit „grüner“ Energie aus dem eigenen Land. 28 Prozent aller Ötzi-Kundinnen und Ötzi-Kunden sind heute Unternehmen und 71 Prozent private Haushalte. Die Gründungsmitglieder der Genossenschaft machen in dieser Statistik nur mehr ein Prozent aller Mitglieder aus. Diese – positiven – Zahlen wurden auf der Vollversammlung am 24. April im Geschäftsbericht vorgestellt. Ötzi Strom beliefert heute bereits viele Kunden jenseits der Landesgrenzen – und will dieses Engagement auf dem italienischen Markt in Zukunft noch weiter verstärken. Heute leben 73 Prozent aller Ötzi-Mitglieder in Südtirol – und 27 Prozent in anderen italienischen Regionen.

Auf der Vollversammlung kommentierte die Geschäftsführung auch die turbulente Entwicklung der Strompreise in den vergangenen Jahren. So waren die Preise für elektrische Energie – aufgrund der COVID-19-Pandemie und des Ukraine-Krieges – von 3,8 Cent pro Kilowattstunde (KWh) im Jahr 2020 bis auf 80 Cent im August 2022 angestiegen, um danach im Jahr 2023 wieder auf durchschnittliche 12,7 Cent zu sinken. Am 24. April 2024 wurde eine Kilowattstunde an der Mailänder Strombörse für 10 Cent gehandelt – und damit dürfte sich der Strompreis wohl auf ein – zumindest mittelfristig gültiges – Niveau eingependelt haben.

MIT GUTEM BEISPIEL VORAN: DIE „MEERES-SEATY”

Das Mittelmeer ist ein Ozean von außerordentlichem biologischem Reichtum, in dem über 17.000 Arten leben – aber eben auch eines der am stärksten ausgebeuteten Meere der Welt. Wie kann man diesen ganz besonderen Lebensraum schützen? Das Projekt SEATY der italienischen Non-Profit-Organisation Worldrise ist erfinderisch und innovativ zugleich: An drei Standorten in Sardinien und Sizilien verknüpfen die „Meeres-Seaty” die Bewahrung wertvoller mariner Biotope mit wissenschaftlichen Projekten und zahlreichen Weiterbildungsangeboten.

Worldrise wurde 2013 gegründet und setzt sich seitdem für den Schutz der italienischen Meere ein. Bis 2030 – so das ambitionierte Ziel der Organisation – sollen mindestens 30 Prozent der italienischen Hoheitsgewässer wirksam geschützt werden. Heute steht nur ein Prozent der italienischen Meere unter Schutz. Die von Worldrise betreuten SEATYS sind kleine Küstenabschitte, in denen der Badebetrieb weiterhin erlaubt ist. Besucherinnen und Besucher können dort also die Natur genießen, die biologische Vielfalt des Meeres in den von Wordlrise dafür angebotenen Kursen und Exkursionen erkunden sowie Kajaks, Kanus, Seascooters und Seabobs benutzen oder sich auch an der regelmäßigen Beseitigung des angeschwemmten Plastikmülls am Strand beteiligen. Untersagt sind dagegen das Fischen, Segeln und Ankern, die unsachgemäße Entsorgung von Abfall und das Wind- und Kitesurfen.

Kleine Schritte – große Wirkung: Das erste SEATY-Projekt enstand  auf einem 1.300 Meter langen Küstenstreifen in Golfo Aranci auf Sardinien. Das zweite sardische Meeresschutzgebiet in Santa Teresa Gallura umfasst 5.000 Hektar. Dort wurde ein „Meeresbildungsgebiet” geschaffen in dem Tourismus und Fischerei nur noch eingeschränkt möglich sind, um den Schutz der Natur und – vor allem – deren Regeneration sicher zu stellen. Auch die 2019 eingerichtete „Meerescity” in Capo Milazzo in Sizilien soll dazu beitragen, einen biologisch, geologisch, historisch und kulturell äußerst bedeutsamen Lebensraum zu erhalten.

„NEMOS GARDEN“ IM MITTELMEER

„Endlich waren wir am Saum dieser Waldung angekommen, welche ohne Zweifel zu den schönsten der ungeheuern Besitzung des Kapitäns Nemo gehörte. Er sah sie als sein eigen an und übte über dieselbe die nämlichen Rechte, welche die ersten Menschen in den ersten Tagen der Welt hatten. Übrigens, wer hätte ihm den Besitz dieses unterseeischen Eigentums streitig gemacht? Dieser Wald bestand aus großen baumartigen Pflanzen, und sobald wir unter seine umfassenden Wölbungen kamen, fiel mir sogleich eine eigentümliche Beschaffenheit ihrer Gezweigs auf, wie ich sie bisher noch nicht beobachtet hatte” – so beschreibt Jules Verne ib seinem Roman „20.000 Meilen unter dem Meer” die unterseeischen Wälder der fiktiven Insel Crespo.

Heute steht „Nemos Garden“ im Golf von Genua vor der italienischen Küste. In neun Unterwassergewächshäusern – Biosphären genannt – mit je 2.000 Litern Fassungsvermögen werden dort Basilikum, verschiedene Salatsorten, Tomaten, Zucchini, Bohnen, grüne Erbsen, Erdbeeren, Kräuter, Pilze und Blumen angebaut. In jeder der mit Ketten am Meeresboden verankerten und von Land aus mit Kameras und Sensoren überwachten Biosphäre können heute bis zu 90 unterschiedliche Pflanzenarten wachsen.

Die Idee zu diesem Unterwasser-Bauernhof hatte der Profitaucher und Hobbygärtner Sergio Gamberini 2012 nach einem Gespräch mit einem befreundeten Bauern während seines Urlaubs im 60 Kilometer von Genua entfernten Küstendorf Noli. Gamberini wollte Pflanzen unter Wasser in einem geschützten Lebensraum über die eigene Verdunstung bewässern. Der Taucher leitet die Ocean Reef Group, die seit 1950 Taucherausrüstung produziert und vertreibt. Ohne diese langjährige Expertise wäre das Projekt wohl kaum möglich gewesen: Zu den unterseeischen Anbaukapseln gelangt man nur mit Sauerstoffflasche und Taucheranzug.

Die Biosphären aus Acryl schweben in Tiefen von sechs bis zehn Metern und verfügen über Stufengitter, auf denen Taucher stehen und arbeiten. In den Biosphären kondensiert das Wasser an den Innenwänden, tropft nach unten ab und bewässert die Pflanzen während die konstante Meerestemperatur und der Sauerstoffreichtum ideale Wachstumsbedingungen schafft. Gamberinis Unterwassergärtner  haben inzwischen nicht nur erfolgreich eine Vielzahl von Nutzpflanzen geerntet, sondern auch festgestellt, dass die in dieser ungewöhnlichen Umgebung angebauten Pflanzen nährstoffreicher sind als Pflanzen aus traditionellem Anbau.

Die Landwirtschaft macht 70 Prozent des weltweiten Süßwasserverbrauchs aus, während „Nemos Garten” keine externen Wasserzuläufe braucht. Ein weiterer Vorteil des Unterwasser-Anbaus: Schädlinge fehlen völlig. Die vor Insekten geschützten Pflanzen wachsen ohne Pestizideinsatz, was „Nemos Garten” eine zu 100 Prozent biologische Produktion garantiert.

DAS PUMPSPEICHERKRAFTKWERK IM ÖLTANK

Aus sechs großen Erdöltanks werden Wasserspeicher, deren Pumpen mit elektrischer Energie arbeiten, die Solarmodule, die in einem nahen öffentlichen Park installiert sind, erzeugen. Das entsprechende Projekt wurde von der Verwaltung des größten Seehafens in der nördlichen Adria in Auftrag gegeben und am 4. April offiziell vorgestellt. Die geplanten 15 Meter hohen „Wasserbatterien” mit einem Fassungsvermögen von jeweils 110.000 Kubikmetern funktionieren wie ein alpines Pumpspeicherkraftwerk: Meerwasser wird bei einer geringen Stromnachfrage wie etwa in den Nachtstunden in die Tanks gepumpt und bei einer hohen Stromnachfrage über Turbinen, die elektrische Energie produzieren, wieder abgelassen. Der neue Energiepark ist Teil eines umfangreichen Masterplans für den Freihafen von Triest, zu dem auch ein Forschungs- und Innovationspark sowie landwirtschaftliche Projekte gehören.