Eine Energiewende? Flüssiggas wird zum Exportschlager

US-Amerikanisches Fracking-Gas ist plötzlich zu einem international umkämpfen Rohstoff geworden. Die USA sind heute der weltweit größte Förderer von fossilem Gas, das erst seit wenigen Jahren mit Spezialtankschiffen in andere Länder exportiert wird. Drei Länder dominieren heute den internationalen Flüssiggasmarkt: Katar, Australien und die USA. Ende des Jahres könnten die USA über sieben große Exportterminals zur Verflüssigung und Verschiffung verfügen – und wären dann der größte Exporteur von Flüssiggas (LNG) weltweit.

Die Nachfrage ist groß: Nicht nur in Europa soll LNG-Gas Öl, Kohle und fossiles Gas aus Russland ersetzen, sondern auch in Indien oder China. LNG-Aktien steigen seit Jahresbeginn. Der Stand Ende März: Chevron und Cheniere steigen um knapp 50 Prozent, Shell um 25 Prozent, und der in Houston (Texas) ansässige US-Anbieter Tellurian sogar um 74 Prozent. Auch Italien setzt weiterhin auf fossiles Gas: Hier sollen neue Gaskraftwerke mit einer Leistung von 14 GWh entstehen – mehr als in jedem anderen Land der europäischen Union.

Am 21. April unterzeichneten Außenminister Luigi Di Maio sowie Umwelt- und Energieminister Roberto Cingolani in Brazzaville mit Vertretern der Republik Kongo eine Absichtserklärung zum Bezug von mehr als 4,5 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr. Einen Tag besuchte die italienische Delegation das Nachbarland Angola und vereinbarte auch dort zusätzliche Gaslieferungen nach Italien, die sich auf 1,5 Milliarden Kubikmeter pro Jahr belaufen sollen.

Klimafreundlich ist die fossile Alternative zu russischem Importgas allerdings nicht. Bei LNG (Liquified Natural Gas) handelt es sich um fossiles Gas, das durch Abkühlung auf minus 162 Grad Celsius energieintensiv verflüssigt wird. Der Bau der LNG-Terminals wird die umstrittene Fracking-Industrie in den USA weiter ankurbeln. Beim Fracking werden große Mengen Wasser, Sand und Chemikalien unter hohem Druck in den Boden gepresst. Damit wird das Gestein im Untergrund aufgesprengt und eingeschlossenes Gas kann somit entweichen.

Aber: Die Verpressung giftiger Chemikalien verschmutzt nicht nur das Grundwasser. In den USA haben Untersuchungen der NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration) ergeben, dass Fracking bis zu 9 % der Gesamtmenge des geförderten Gases als Methan in die Umwelt freisetzt und Methan ist etwa 23 mal klimaschädlicher als CO2. 2021 beobachtete die NOAA ein Rekordwachstum der Konzentration von Methan in der Atmosphäre. Noch auf dem Klimagipfel in Glasgow im November 2021 hatten sich mehr als 100 Staaten darauf verständigt, den Methan-Ausstoß bis zum Ende des Jahrzehnts um 30 Prozent zu senken.

Klimaplan & Zukunftsszenarien: Wie möchten wir 2030 leben?

Wie soll Südtirol in acht Jahren aussehen? Im Herbst 2020 haben Forscher von Eurac Research und der Steinbeis-Hochschule, School of International Business and Entrepreneurship (SIBE) mit Unterstützung eines 20-köpfigen interdisziplinären Beirates eine Zukunftsstudie mit dem Schwerpunkt Nachhaltigkeit für Südtirol durchgeführt – und dabei vier Szenarien für das Jahr 2030 entwickelt, die auch bei den Workshops im Rahmen der landesweiten Info-Veranstaltungen zum Update des KlimaPlans Südtirol diskutiert wurden. Deshalb weisen wir noch einmal auf diese Arbeit hin – als Input und wichtigen Denkanstoß.

Bei der Ausgestaltung ihrer– zeichnerisch illustrierten – Zukunftsentwürfe berücksichtigten die Forscher neben der globalen Ebene folgende Bereiche: Gesellschaft, Gesundheit, Wirtschaft, Umwelt, Politik und Technologie. Die vier Szenarien beschreiben die einzelnen Zukunftsbilder retrospektiv, so als würde die Südtiroler Bevölkerung aus dem Jahr 2030 zurückblicken:

Szenario 1: Welt des regionalen Bewusstseins – „In der Tradition liegt die Stärke“ – im Jahr 2030

Szenario 2: Welt des Neo-Kosmopolitismus – „Denke global, handle lokal” – im Jahr 2030

Szenario 3: Welt der individuellen Freiheit – „Ich bin meines eigenen Glückes Schmied(in)” – im Jahr 2030

Szenario 4: Welt der grünen Innovationen – „Es gibt für alles eine (technologische) Lösung“im Jahr 2030

Unter diesem Link finden Sie die entsprechenden Videos.

 

Zum Nachlesen: Der gesamte Studienbericht

Strom in Südtirol – die neue Astat-Bilanz

Wir produzieren deutlich mehr als wir verbrauchen – und die Wasserkraft ist die mit Abstand wichtigste Energiequelle in unserem Land. 2020 erzeugte Südtirol 8.188 GWh elektrische Energie – und verbrauchte selbst nur 2.922 GWh.

Damit ist die Stromproduktion in den Jahren 2000 bis 2020 um 31 % angestiegen, die verbrauchte elektrische Energie um 26,3 %. 2020 erzeugte Südtirol 2,9 % der gesamten in Italien produzierten elektrischen Brutto-Energie. Die Wasserkraft lieferte vor zwei Jahren 89 % der Stromerzeugung.

Das zeigt wieder einmal, das Wasser aufgrund der topographischen Lage unseres Landes ein Eckpfeiler der lokalen Energiewirtschaft ist.

Wollt ihr mehr wissen? Das Landesstatistikamt Astat hat in seiner neuen Broschüre „Elektrische Energie Südtirol – 2000 -2020“ interessante Zahlen veröffentlicht.

Wir können mehr Stromautonomie wagen

Das Land Südtirol kann eine autonome Regulierungsbehörde für den Energiesektor einrichten. Zudem gibt es Spielräume, die eine Reglementierung des lokalen Strommarkts mit Eingriffen in die Preisgestaltung erlauben würden. Das sind die wichtigsten Ergebnisse eines Gutachtens, das der Südtiroler Energieverband SEV und die Handelskammer Bozen bei den Rechtsexperten Prof. Peter Hilpold (Universität Innsbruck) und Prof. Paolo Piva (Universität Padua) in Auftrag gegeben haben. Die Expertise wurde im Landtag bei einer Anhörung zum Thema „Südtirols Stromversorgung“ vorgestellt.

Gegenstand des Gutachtens waren zwei Fragestellungen von großer Bedeutung. Erlauben die autonomierechtlichen
Zuständigkeiten des Landes im Energiesektor die Einrichtung einer eigenen Regulierungsbehörde? Und ist eine eigenständige Regelung des Strommarktes in Südtirol grundsätzlich möglich? Beide Fragen beantworteten die Juristen nach einer Prüfung der Gesetzgebung sowie der Rechtsprechung in Südtirol, in Italien und auf EU-Ebene mit einem eindeutigen „Ja“. So kann laut Artikel 57 der EU-Richtlinie 944/2019 „ein Mitgliedstaat Regulierungsbehörden für kleine Netze in einer geografisch
eigenständigen Region benennen, deren Verbrauch im Jahr 2008 weniger als drei Prozent des gesamten Verbrauchs des Mitgliedstaats, zu dem sie gehört, betragen hat“. Mitglieder der Landesregierung hatten immer das Gegenteil behauptet-

„Wir haben das schon in unseren Positionspapieren festgestellt und wurden jetzt bestätigt. Wir können mehr Autonomie wagen“, sagt SEV-Direktor Rudi Rienzner. In den vergangenen zehn Jahren hat der SEV mehrfach Alternativvorschläge zum derzeit gültigen Marktdesign in Südtirol vorgelegt: 2013 „Der zweite Weg“ mit dem Entwurf eines „Landes-Energie-Netzwerks“, 2015 eine Planungsvorlage für die Bildung einer Südtiroler Strombörse, 2016 „Sieben Sätze des Unbehagens“ als Kritik an der Energiepolitik des Landes und 2017 ein ausführliches Papier über die Machbarkeit einer Autonomen Regulierungsbehörde in Südtirol.

„Das Rechtsgutachten der beiden Universitätsprofessoren spricht eine klare Sprache: Die Schaffung einer autonomen Regulierungsbehörde im Energiesektor in der Autonomen Provinz Bozen ist rechtlich möglich. Südtirol darf sich diese Möglichkeit nicht entgehen lassen“, ist Michl Ebner, Präsident der Handelskammer Bozen, überzeugt.

Bei der Regulierung des Energiesektors übernimmt der Staat derzeit Zuständigkeiten, die eigentlich dem Land zustehen würden. Daher – so die Position der Juristen – müsse das Land eine eigene Regulierungsbehörde aufbauen. Diese autonome Marktregelung schließe zudem wichtige Handlungsspielräume in der Preis- und Vertragsgestaltung und bei der Festlegung der Netzgebühren mit ein. Zudem könnte das Land die Bildung von „Energiegemeinschaften“ aktiv unterstützen.

Der in Südtirol erzeugte Energiemix unterscheidet sich aufgrund des hohen Anteils der Wasserkraft wesentlich vom italienischen Angebot. „Wir produzieren ohne den Einsatz von teurem fossilen Importgas und könnten unseren Strom daher deutlich billiger anbieten“, erklärt SEV-Präsident Hanspeter Fuchs. Und: Es sei jetzt die Aufgabe des Landes, „die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen“.

Klimaplan Südtirol: Die Landesregierung on Tour

Klimaschutz ist dezentral: Nach der Veröffentlichung des Updates zum KlimaPlan hat sich Ötzi Strom für bürgernahe und lokal ausgerichtete Klimadebatten im ganzen Land ausgesprochen, um die Handlungsoptionen vor Ort auszuloten. Mit mehreren Info-Veranstaltungen stellen Landespolitiker das Update jetzt in mehreren Städten vor – und ihr könnt euch aktiv an der Debatte beteiligen. Jeweils am Tag nach dem Informationsabend findet am selben Ort ein moderierter Workshop statt, bei dem Bürgerinnen und Bürger Zukunftsthemen weiter vertiefen und an der Nachhaltigkeitsstrategie mitarbeiten können.

Die Termine im Überblick – Alle Veranstaltungen beginnen um 19.30 Uhr.

  • März, mit Landeshauptmann Kompatscher und Landesrat Vettorato im Theater St. Jakob in Leifers
  • März, mit Landeshauptmann Kompatscher und Landesrätin Deeg im Michael-Pacher-Haus in Bruneck
  • März, mit Landeshauptmann Kompatscher und Landesrätin Hochgruber Kuenzer im Josef-Resch-Haus in Innichen
  • März, mit Landeshauptmann Kompatscher und Landesrat Bessone in der Cusanus-Akademie in Brixen
  • April, mit Landeshauptmann Kompatscher und Landesrat Achammer im Stadttheater in Sterzing
  • April, mit Landeshauptmann Kompatscher und Landesrat Schuler im KIMM in Meran.

Die Workshops finden immer am Tag nach dem Informationsabend von 15 bis 19 Uhr am selben Ort statt. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Zum Nachlesen: Entwurf Update KlimaPlan Energie Südtirol

Krieg in der Ukraine: Die Folgen für unsere Energieversorgung

Kann der Import fossiler Brennstoffe aus Russland durch andere Liederanten oder – was sicher noch besser wäre – durch erneuerbare Energien ersetzt werden? Sicher ist: Die Erlöse aus dem Verkauf von fossilem Gas und Erdöl tragen wesentlich zur Finanzierung des Krieges bei. Weil Länder wie Deutschland, Österreich und Ungarn heute erhebliche Teile ihres Energiebedarfs über Lieferungen aus Russland decken, geben die EU-Staaten nach Schätzungen der Brüsseler Denkfabrik Bruegel zurzeit täglich etwa 380 Millionen Euro (!) für russisches Gas aus und knapp 362 Millionen Euro (!) für Öl aus Russland. Dieses Geld fließt indirekt auch die Kriegskasse. So gehören sowohl der größte russische Erdölkonzern Rosneft wie auch der größte Gasexporteur Gazprom mehrheitlich dem russischen Staat. Fossile Energie schafft gefährliche Abhängigkeiten: Die 27 EU-Staaten kaufen heute 40 Prozent ihrer Gasimporte, 27 Prozent ihrer Erdölimporte und 46 Prozent ihre Kohleimporte in Russland ein.

Beschleunigt Vladimir Putin die europäische „Energiewende“? Die Europäische Kommission hat am 8. März Vorschläge vorgelegt, um die Abhängigkeit der EU von russischem Gas bis Ende 2022 zu reduzieren. Zudem wolle man „deutlich vor 2030″ von allen russischen fossilen Brennstoffen unabhängig zu werden. Übrigens: Auch die weltweiten Uranvorräte sind begrenzt. Beim heutigen Uranbedarf in Kernkraftwerken und bei den für die Förderung heute veranschlagten Preis reichen die Vorkommen laut OECD-Daten nur noch knapp 20 Jahre.

Das Fazit: Eine langfristige Unabhängigkeit, und ein Ende des täglichen Milliardentransfers an Produzenten in Russland, in Nordafrika oder auf der arabischen Halbinsel sind nur mit dem massiven Ausbau erneuerbarer Energien in Europa selbst möglich. Damit würde sich der Wunsch nach einer, mit eigenen Ressourcen gewährleisteten, Versorgungssicherheit mit der Erreichung aktueller Klimaschutzziele verbinden. Und: Sonne, Wind und Wasser sind sicher billiger als russisches Erdgas oder Atomenergie. Man muss sie nur nutzen.

Die CO₂-Uhr oder Was ist ein CO₂-Budget?

Das CO2-Budget ist die Menge an Treibhausgasen, die Menschen weltweit in die Atmosphäre ausstoßen „dürfen”, um das 1,5°C-Ziel aus dem Pariser Klimaabkommen zu erreichen. Die CO2-Uhr des Mercator-Instituts zeigt, wie viel Kohlendioxid die Menschheit noch in der Atmosphäre ablagern kann, ohne die Klimaerhitzung auf 1,5°C oder 2°C über der Temperatur vor dem Industriezeitalter steigen zu lassen. Ausgangspunkt der Berechnungen ist die Schätzung des Weltklimarats IPCC, dass die Atmosphäre mit dem Stand von Anfang 2020 noch 400 Gigatonnen CO2 aufnehmen kann, damit das 1,5°C-Ziel mit 66-prozentiger Wahrscheinlichkeit erreichbar bleibt. Jedes Jahr werden von diesem Budget rund 42,2 Gigatonnen verbraucht. Die Uhr zählt auf Basis dieser beiden Werte die Sekunden herunter. Wenn das Budget aufgebraucht ist, ist eine Erwärmung über 1,5°C unaufhaltbar. Wenn die Erhitzung dagegen auf 2°C beschränkt werden soll (wiederum mit einer Wahrscheinlichkeit von 66  Prozent), dann dürfen ab 2020 nicht mehr als 1.150 Gigatonnen CO2 emittiert werden. Auf der Uhr kann man zwischen diesen beiden Szenarien mit einem Mausklick wechseln.

Klimaschutz: Der neue IPCC-Bericht

Wasserknappheit, Überflutungen, Küstenschäden und Ernteausfälle: Laut dem Ende Februar vorgelegten zweiten Band des 6. Sachstandsberichts über den Klimawandel wird Europa überdurchschnittlich stark von den Folgen der Erderwärmung betroffen sein. Rund 270 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als aller Welt haben in den vergangenen fünf Jahren im Auftrag des Weltklimarats IPCC alle verfügbaren Klimadaten aus wissenschaftlichen Publikationen ausgewertet. Demnach leben heute 3,3 bis 3,6 Milliarden Menschen weltweit in Regionen, die erheblichen Klimaveränderungen ausgesetzt sind. Ein weiteres Viertel der Menschheit müsse mit erheblichen Veränderungen aufgrund der Erderwärmung rechnen. „Die Lebenswelten von Milliarden Menschen“ seien schon heute vom menschengemachten Klimawandel betroffen, so die Analyse des IPCC.

Stichwort Europa: In einem „Fact Sheet Europe“ beschreibt der mehr als 1.000 Seiten umfangreiche Bericht vier „Schlüsselrisiken“: Hitzewellen, die das Risiko schwerer Gesundheitsschäden bei einer Erwärmung von drei Grad – etwa dem gegenwärtigen Trend – verdoppeln bis verdreifachen würden, Hitzestress für Nahrungsmittelpflanzen, Wasserknappheit und Überflutungsrisiken, die bis 2100 bei einem weiteren Fortschreiten der Erderwärmung zu einer Verzehnfachung der Küstenschäden führen würden. Extreme Hitze von mehr als 40 Grad Celsius prognostizieren die Wissenschaftler vor allem im Mittelmeerraum und in Südosteuropa. In vielen europäischen Regionen werden die Unwetter dramatisch zunehmen – die italienischen Regionen Abruzzen und Marken sind dabei ebenso betroffen wie Norddeutschland, England, Schweden, Westfrankreich, die Niederlande, Dänemark und auch der Alpenraum. Südspanien, Sizilien und Kalabrien sowie der griechische Peloponnes werden gleichzeitig zu regenarmen Dürregebieten.

Auch wenn der Temperaturanstieg nur zeitweise die Marke von 1,5 Grad überschreiten sollte und anschließend wieder gesenkt würde, hätte dies schwerwiegende Schäden für Ökosysteme und Gesellschaften zur Folge. Der Bericht trennt kurzfristige Entwicklungen bis 2040 von mittel- und langfristigen Folgen. Vor allem diese kurzfristigen Ereignisse haben – wenn es bei aktuellen stark beschleunigten Erwärmung bleibt – sehr viel drastischere Auswirkungen als bisher angenommen, stellt der IPCC-Bericht fest. Anders gesagt: Gefährliche Risikoschwellen werden schon bei deutlich niedrigeren Temperaturen erreicht.

Der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) wurde 1988 vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) gegründet. In seinem Auftrag tragen Fachleute weltweit regelmäßig den aktuellen Kenntnisstand zum Klimawandel zusammen und bewerten ihn aus wissenschaftlicher Sicht. Der IPCC bietet Grundlagen für wissenschaftsbasierte politische Entscheidungen, indem er unterschiedliche Handlungsoptionen und deren Bedeutung aufzeigt, ohne jedoch konkrete Lösungswege vorzuschlagen oder Handlungsempfehlungen zu geben.

Zum Nachlesen: Der 6. Sachstandsbericht des IPCC

Ötzi Wiki: Wie entsteht der PUN?

Der PUN (Prezzo Unico Nazionale) ist der italienische Großhandels-Referenzpreis für Strom, der im Handel an der italienischen Strombörse (IPEX – Italian Power Exchange) entsteht. Diese nationale Strombörse wurde 2007 nach dem Inkrafttreten des Gesetzesdekrets zur Liberalisierung des Strommarktes gegründet und regelt den Handel zwischen Stromerzeugern und Stromversorgern. Der PUN ist damit der gesamtstaatlich ermittelte Durchschnittspreis der zonalen Verkaufspreise für Strom, der stündlich und täglich ermittelt wird. Dabei werden die zu verschiedenen Tageszeiten gebildeten Handelsmengen und Preise berücksichtigt.

Die Börse wird vom Gestore Mercati Energetici (GME) geführt, auf dessen Homepage das Marktgeschehen und die aktuelle Entwicklung des PUN-Index verfolgt werden können. Die Schwankungen des PUN sind ein wichtiger Faktor bei der Berechnung der Endenergiekosten. Wenn der PUN-Wert steigt, steigen die Kosten tendenziell, während sie sinken, wenn der PUN-Wert fällt. Die Energieversorger bieten in der Regel Endverbrauchertarife für Energielieferungen mit fixen oder variablen Preisen an. Die Entscheidung für einen variablen Energiepreis bedeutet, dass dieser Preis an die Entwicklung des PUN gebunden ist. Fixpreisangebote bleiben dagegen für einen vertraglich festgelegten Zeitraum unverändert.

Im Gespräch mit Uta Eser

Dr. Uta Eser ist Biologin und Umweltethikerin und erforscht unter anderem den Zusammenhang zwischen Politik, Ethik und Ökologie.

Ötzi Strom hatte die Ehre Ihr einige Fragen zu stellen:

Viele Menschen erklären, dass ihnen der Schutz der Natur wichtig sei. Gleichzeitig tragen sie – etwa mit ihrem Konsum – zu deren Zerstörung bei. Auch Naturschützer haben Handys, fahren Auto, benutzen Computer und kaufen Bitcoins. Wie lässt sich dieser Widerspruch lösen?
Diesen Widerspruch auf der individuellen Ebene zu lösen, ist kaum möglich. „Der Geist ist willig, doch das Fleisch ist schwach“ – das gilt ja nicht nur beim Klima, sondern beispielsweise auch für die individuelle Gesundheitsvorsorge. Solange klimaverträgliche Handlungsmuster billiger und bequemer sind als klimaschädliche, wird es kaum gelingen, hinreichend viele Menschen zum Umsteigen zu bewegen.

Ist ein „naturnahes“ Leben ohne den Verbrauch wertvoller Ressourcen in unserer modernen und technisierten Welt überhaupt möglich?
Grundsätzlicher gefragt: Kann der Mensch – als vernunftbegabtes und „wissendes“ Wesen – aufgrund seiner Sonderstellung in der Evolution überhaupt „natürlich“, naturnah oder im Einklang mit der Natur leben?
Ich halte wenig davon, hier allgemein von „der Mensch“ zu sprechen. Naturzerstörung ist keine biologische Eigenschaft der menschlichen Gattung, sondern die Folge einer Lebens- und Wirtschaftsweise, die den Eigennutz zum allein gültigen Kriterium erhebt. Es gab und gibt viele Menschen auf der Erde, die Rücksichtnahme auf die Natur üben.

Geht es beim Naturschutz nicht immer auch um den Menschen selbst? Anders gefragt: Setzen wir uns nicht vor allem deshalb zum Schutz der Natur ein, weil es uns nutzt?
Selbstverständlich geht es auch um den Menschen – wir sind ja schließlich Teil der Natur. Und was soll an der Sorge um uns selbst falsch sein? Allerdings halte ich es für zu kurz gegriffen, nur über den Nutzen der Natur zu sprechen. Viele Menschen schützen Natur auch, weil sie sie achten, verehren oder lieben – das ist etwas ganz anderes als ein Nutzungsinteresse.

Würde jemand gegen die Abholzung der Regenwälder oder die Verschmutzung der Meere protestieren, wenn das keine Folgen oder sogar positive Folgen hätte?
Das weiß ich nicht – und ich finde es auch müßig darüber zu spekulieren. Wir wissen ja, dass es negative Folgen gibt, für Menschen, Tiere und Ökosysteme. Das genügt doch.

Ist die Nutzung erneuerbarer Energieträger wie Wasser, Sonne oder Wind ein Mittel zum Zweck – oder kann das ein Schritt zu einer Koexistenz mit Natur werden, die auf Zerstörung und Ausbeutung – auch des Menschen selbst – verzichtet?
Machen wir uns nichts vor – auch die Nutzung erneuerbarer Energieträger hat ihren Preis für die Natur. Die Umstellung auf Erneuerbare ist zwar nötig, aber nicht hinreichend. Eine ernsthafte Wende wird es erst geben können durch eine Politik der Suffizienz. Wir müssen nicht nur andere Energieträger verwenden, sondern unseren Energiebedarf insgesamt reduzieren.