Wasserknappheit, Überflutungen, Küstenschäden und Ernteausfälle: Laut dem Ende Februar vorgelegten zweiten Band des 6. Sachstandsberichts über den Klimawandel wird Europa überdurchschnittlich stark von den Folgen der Erderwärmung betroffen sein. Rund 270 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als aller Welt haben in den vergangenen fünf Jahren im Auftrag des Weltklimarats IPCC alle verfügbaren Klimadaten aus wissenschaftlichen Publikationen ausgewertet. Demnach leben heute 3,3 bis 3,6 Milliarden Menschen weltweit in Regionen, die erheblichen Klimaveränderungen ausgesetzt sind. Ein weiteres Viertel der Menschheit müsse mit erheblichen Veränderungen aufgrund der Erderwärmung rechnen. „Die Lebenswelten von Milliarden Menschen“ seien schon heute vom menschengemachten Klimawandel betroffen, so die Analyse des IPCC.
Stichwort Europa: In einem „Fact Sheet Europe“ beschreibt der mehr als 1.000 Seiten umfangreiche Bericht vier „Schlüsselrisiken“: Hitzewellen, die das Risiko schwerer Gesundheitsschäden bei einer Erwärmung von drei Grad – etwa dem gegenwärtigen Trend – verdoppeln bis verdreifachen würden, Hitzestress für Nahrungsmittelpflanzen, Wasserknappheit und Überflutungsrisiken, die bis 2100 bei einem weiteren Fortschreiten der Erderwärmung zu einer Verzehnfachung der Küstenschäden führen würden. Extreme Hitze von mehr als 40 Grad Celsius prognostizieren die Wissenschaftler vor allem im Mittelmeerraum und in Südosteuropa. In vielen europäischen Regionen werden die Unwetter dramatisch zunehmen – die italienischen Regionen Abruzzen und Marken sind dabei ebenso betroffen wie Norddeutschland, England, Schweden, Westfrankreich, die Niederlande, Dänemark und auch der Alpenraum. Südspanien, Sizilien und Kalabrien sowie der griechische Peloponnes werden gleichzeitig zu regenarmen Dürregebieten.
Auch wenn der Temperaturanstieg nur zeitweise die Marke von 1,5 Grad überschreiten sollte und anschließend wieder gesenkt würde, hätte dies schwerwiegende Schäden für Ökosysteme und Gesellschaften zur Folge. Der Bericht trennt kurzfristige Entwicklungen bis 2040 von mittel- und langfristigen Folgen. Vor allem diese kurzfristigen Ereignisse haben – wenn es bei aktuellen stark beschleunigten Erwärmung bleibt – sehr viel drastischere Auswirkungen als bisher angenommen, stellt der IPCC-Bericht fest. Anders gesagt: Gefährliche Risikoschwellen werden schon bei deutlich niedrigeren Temperaturen erreicht.
Der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) wurde 1988 vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) gegründet. In seinem Auftrag tragen Fachleute weltweit regelmäßig den aktuellen Kenntnisstand zum Klimawandel zusammen und bewerten ihn aus wissenschaftlicher Sicht. Der IPCC bietet Grundlagen für wissenschaftsbasierte politische Entscheidungen, indem er unterschiedliche Handlungsoptionen und deren Bedeutung aufzeigt, ohne jedoch konkrete Lösungswege vorzuschlagen oder Handlungsempfehlungen zu geben.