DON’T LOOK UP? Keine gute Idee: Der Neue IPCC-Bericht

Bitte nicht nach oben sehen! US-amerikanische Astronomen entdecken einen Kometen auf Kollisionskurs mit der Erde. Die Regierung im Weißen Haus rät dazu „Ruhe zu bewahren“, zu „sondieren“ oder einfach alles abzuleugnen. Natürlich verweist der Plot der US-Komödie „Don’t Look Up“ auf den Umgang der Menschheit mit dem prognostizierten Klimawandel. Dieser macht sich möglicherweise schneller bemerkbar, als man bisher dachte. Ein Indiz dafür ist die Trockenheit in Südeuropa. In einer Dringlichkeitsmaßnahme stellte die Landesregierung am Weltwassertag (22. März) die aktuelle Situation fest. „Außerordentlich geringen Niederschlagsmengen der ersten Monate 2023, des gesamten Jahres 2022 und des Herbstes 2021 haben dazu geführt. Auch das Fehlen einer relevanten Schneereserve auch im Hochgebirge den Wasserabfluss der Oberflächengewässer im ganzen Land nahe an das historische Minimum haben dazu beigebracht“.

Ist das wirklich eine Folge des Klimawandels? Wenn man den am 19. März publizierten Syntheseberichts des Weltklimarats liest, ist die Antwort klar. 600 Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft und Politik hatten sich bei einer Fachtagung der IPCC in Interlaken (Schweiz) auf ein allarmierendes Dokument verständigt. 

Die Temperatur steigt

Die Kernaussagen: Der Klimawandel schreitet rascher voran als erwartet. Die bisherigen Maßnahmen reichen nicht aus, um die Erwärmung auf 1,5 oder auf weniger als 2 Grad über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Die Temperaturen auf der Erde lagen im Zeitraum 2011 bis 2020 um rund 1,1 Grad Celsius höher als im vorindustriellen Zeitraum (1850-1900). Auf den Landflächen sind es sogar 1,6 Grad, über den Ozeanen 0,9 . Sollte der Ausstoss klimaschädlicher Treibhausgase nicht umgehend vermindert werden, könnten laut der Analyse des Weltklimarat die eigentlich für das Ende des Jahrhunderts anvisierten 1,5 Grad bereits in den 2030er Jahren überschritten werden.

Der Meeresspiegel steigt

Der globale Meeresspiegel lag 2018 durchschnittlich um 20 Zentimeter höher als 1901. In den vergangenen Jahren hat sich der Anstieg sogar beschleunigt. Bis 1971 waren es im Schnitt pro Jahr 1,3 Millimeter, von 2006 bis 2018 hingegen jährlich schon 3,7 Millimeter. Der Weltklimarat hält es für nicht ganz unwahrscheinlich, dass der Meeresspiegel je nach Entwicklung der CO2-Emissionen bis zum Jahr 2100 im Vergleich zum Zeitraum 1995 bis 2014 um bis zu einen halben oder im Extremfall sogar um einen Meter steigen könnte.

Es gibt aber auch positive Prognosen: Vorhaben zur Eindämmung des Klimawandels werden kostengünstiger. Von 2010 bis 2019 sind dem Weltklimarat zufolge die Kosten pro Einheit bei der Solarenergie um 85 Prozent, bei der Windenergie um 55 Prozent und bei Lithium-Ionen-Batterien um 85 Prozent gesunken. In diesem Zeitraum habe der Einsatz von Solarenergie um das Zehnfache und die Zahl der E-Fahrzeuge um mehr als das 100-Fache zugenommen.

Der Weltklimarat – Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC wurde 1988 gegründet. Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) als zwischenstaatlicher Ausschuss haben diesen ins Leben gerufen. In seinem Auftrag tragen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weltweit den aktuellen Stand der Forschung zum Klimawandel zusammen. Der IPCC stellt Ursachen, Folgen sowie Risiken des Klimawandels dar. Er zeigt zudem Möglichkeiten auf, wie die Menschheit den Klimawandel mindern und wie sie sich daran anpassen kann. Er bietet Grundlagen für wissenschaftsbasierte Entscheidungen der Politik, ohne aber konkrete politische Handlungsempfehlungen zu geben.

E-MOBILITY: Fortschritt im Rückwärtsgang

Freie Fahrt für eine teure – und im privaten PKW-Verkehr wenig sinnhafte – Technologie. Wenn die deutsche Innenpolitik wichtige Richtungsentscheidungen in der EU-Zentrale beeinflusst, kann nichts Gutes dabei herauskommen. Angesichts mehrerer Wahlniederlagen hat die Regierungspartei FDP in Brüssel einen E-Mobility-Kompromiss ausgebremst. Diesem haben der Europäische Rat, die EU-Kommission und das EU-Parlament nach langen Verhandlungen bereits zugestimmt. Dieser Richtlinienentwurf schreibt für PKW-Flotten strenge CO2-Obergrenzen vor, die Autohersteller in Zukunft einhalten müssen. Sie macht damit die Zulassung von konventionellen Verbrennungsmotoren nach 2035 unmöglich.

Inzwischen haben sich die EU-Kommission und Deutschland darauf geeinigt, dass Verbrennungsmotoren in privaten Fahrzeugen auch nach 2035 zugelassen werden könnten, wenn sie ausschließlich CO2-neutrale Kraftstoffe – so genannte E-Fuels („electrofuel“ oder Elektro-Kraftsoff) – tanken. Für diese Verbrenner soll eine neue Fahrzeugkategorie – „E-fuels only“ – geschaffen und in die Flottengrenzwert-Regulierung einbezogen werden. In einem Schreiben an das deutsche Verkehrsministerium hatte die EU Kommission zuvor Kriterien für die Zulassung von E-Fuel-Fahrzeugen definiert. Dazu gehört auch die verpflichtende Integration von „Abschaltvorrichtungen“ in Neuwagen. Diese sorgen dafür, dass der Motor nicht mehr anspringt, wenn fossiler Kraftstoff in den Autotank gerät.

Für die Herstellung von E-Fuels, deren Energieeffizienz Experten als „gruselig“ bezeichnen, sind Kohlenwasserstoffe, über Umwandlungsprozesse aus „grünem“ Wasserstoff und Kohlendioxyd synthetisiert. Beim Einsatz von E-Fuels in einem Verbrennungsmotor werden aber nur zirka 20 Prozent der eingesetzten Energie für den Antrieb genutzt – bei E-Autos sind es 80 Prozent Um alle heute in der EU zugelassenen PKW und LKW mit E-Fuels zu betreiben, bräuchte man daher mehr als das Doppelte der Strommenge, die 2021 weltweit (!) in Photovoltaik- und Windkraftanlagen erzeugt wurde. Und: Der Preis für einen Liter E-Fuel wird heute auf vier (!) Euro geschätzt. Ein teurer Irrweg: 2035 werden die größten Automärkte der Welt – China und die USA – elektrifiziert sein. Und Europa? Dazu ein Kommentar der Umweltschutzorganisation Greenpeace: „Den beschlossenen und von vielen Ländern und Konzernen umgesetzten Verbrenner-Ausstieg in Europa jetzt mit einer Hintertür namens E-Fuels zu versehen, verwässert die dringend nötige Ausrichtung der Autobranche auf effiziente Elektromobilität.“

EIN FAIRES ANGEBOT: DIE ENERGIEGEMEINSCHAFT LANA

Am 21. März stellten die Marktgemeinde Lana und der Südtiroler Energieverband SEV im Raiffeisenhaus die größte Energiegemeinschaft in Südtirol vor. 250 Bürgerinnen und Bürger waren zu dieser Informationsveranstaltung gekommen. „Wir machen das, weil es einfach notwendig ist. Sei es für eine ökologische Energiewende als auch für die Menschen in unserer Gemeinde“, stellte der Gemeinderat Jürgen Zöggeler in seiner Begrüßung fest. Anschließend informierten SEV-Direktor Rudi Rienzner, der Gemeindereferent Werner Gadner, die SEV-Rechtsexpertin Stephanie Maffei, Norbert Klammsteiner vom Energiedienstleister Energytech und Lisa Da Pra vom Beratungsunternehmen REVI Consult ausführlich über alle rechtlichen, technischen, energiepolitischen und wirtschaftlichen Details und beantworteten Fragen aus dem Publikum.

„Das ist ein faires und ehrliches Angebot für alle Bürgerinnen und Bürger in Lana“, betonte Rudi Rienzner. „Wir wollen hier nicht irgend etwas verkaufen, sondern nüchtern auszuloten, welche konkreten Vorteile eine Energiegemeinschaft hat“. Dabei gehe es vor allem um Energieunabhängigkeit, Nachhaltigkeit, wirksamen Klimaschutz. Durch den Ausbau erneuerbarer Energien, die Stärkung der Gemeinschaft und Innovationen in lokalen Wirtschaftskreisläufen wird dies gewährleistet. „Mit diesem großen Projekt kann unsere Gemeinde ihre eigene Energiezukunft gestalten“, sagt dazu der Bürgermeister der Gemeinde Lana Harald Stauder.

Die Gemeinde Lana als Strom produzierender und selbst verbrauchender „Prosumer“ und die lokalen „Consumer“ bilden somit die „Keimzelle“ einer Energiegemeinschaft. Weitere „Prosumer“ und „Consumer“ solle man integrieren. Mit kollektiven Einnahmen, wie den staatlichen Fördergeldern für den gemeinsam verbrauchten Strom, könnte „Energie Lana“, als Motor für eine nachhaltige Entwicklung, die Errichtung lokaler Produktionsanlagen aktiv unterstützen.

Den in der Energiegemeinschaft in Lana verbrauchten Strom erzeugen in einem ersten Schritt Photovoltaikanlagen erzeugen, diese sind voraussichtlich auf den Dächern von Gebäuden im Besitz der Gemeinde installiert. 23 öffentliche Immobilien sind laut den Analysen von Energytech dafür geeignet. Diese könnten pro Jahr zusammen mit bereits bestehenden Anlagen etwa 3.200.000 Kilowattstunden (kWh) Strom produzieren. Wenn sich ein Drittel der 5.500 Haushalte in Lana an der Energiegemeinschaft beteiligt, würde die mögliche Wertschöpfung der jährlichen Stromerzeugung abzüglich der Führungs- und Verwaltungskosten laut dem von REVI Consult erstellten Businessplan etwa 370.000 Euro betragen. Jeder private Haushalt der Energiegemeinschaft könnte damit 140 Euro pro Jahr einsparen. „Das ist immerhin etwas, wenn auch keine große Summe. Ich möchte aber betonen, dass die Energiegemeinschaft uns die Möglichkeit gibt, unabhängiger von fossilen Brennstoffen zu werden. Zudem liegt die Kontrolle über diesen Prozess bei uns selbst.“, kommentierte Werner Gadner diese Berechnungen.

Die Energiegemeinschaft Lana braucht zirka 900 Mitglieder, um betriebswirtschaftlich erfolgreich arbeiten zu können. Wenn ihr in Lana wohnt und euch an diesem Zukunftsprojekt beteiligen wollt, könnt ihr euch bis zum 31. Mai unter der E-Mail-Adresse unser.lana@gemeinde.lana.bz oder online über die Webseite www.energy-lana.it melden. Dort findet ihr auch zahlreiche Informationen – und alle Präsentationen der Infoveranstaltung.

MIT GUTEM BEISPIEL VORAN: RESCOOP.EU

Europäische Energiegenossenschaften, die mit erneuerbaren Energieträgern wie Sonne, Wasser oder Wind arbeiten, brauchen eine gesamteuropäische Vertretung: 2013 wurde im Umfeld der belgischen Energiegenossenschaft Ecopower das Netzwerk REScoop.EU als genossenschaftliche Non-Profit-Organisation gegründet, der inzwischen 1.900 europäische Energiegenossenschaften angehören, in denen 1,25 Millionen Menschen ihre eigene nachhaltige und klimafreundliche Energiezukunft demokratisch gestalten. In Italien sind etwa Ötzi Strom oder der Südtiroler Energieverband SEV Mitglieder des Netzwerkes. In der Brüsseler REScoop-Zentrale arbeiten heute 13 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die zahlreiche Dienstleistungen anbieten – vom Community Coaching bis zur Organisationentwicklung, von einem Leitfaden zur Beantragung von EU-Förderungen über das Lobbying in der EU-Verwaltung und einer europäisch ausgerichteten Rechtsberatung bis zu einem großen „Werkzeugkasten“, der die Gründung neuer Energiegenossenschaften mit praxisnahem Know-how unterstützt. Wenn ihr mehr über genossenschaftliche Energieprojekte in der EU wissen wollt, ist die deren Homepage eine sehr gute Adresse.