Strompreise: Energieautonomie wagen!

Warum sind unsere Strompreise von Gasmärkten abhängig, obwohl wir in unserem Land nur erneuerbare Energie erzeugen? In Südtirol werden jährlich 6,8 Terawattstunden (TWh) Strom produziert. 6,6 TWh liefern erneuerbare Energiequellen und 88 Prozent dieses wertvollen grünen Stroms erzeugen Wasserkraftwerke. Südtirol verbraucht pro Jahr 3,1 TWh Strom. „Dass Südtirol so viel Strom produziert, muss sich auch in einem vergünstigten Strom für die heimische Bevölkerung und Südtirols Betriebe niederschlagen. Wir können nicht zusehen, wie die Energiepreise immer mehr steigen“, erklärt dazu der Präsident des Südtiroler Energieverbands SEV Hanspeter Fuchs in einer Aussendung. SEV-Direktor Rudi Rienzner fügt hinzu: „Kurzfristig sind wir den Preissteigerungen ausgesetzt. Mittel- bis langfristig aber sollte Südtirol die Voraussetzungen schaffen, um in Zukunft noch besser vor Energiepreissteigerungen gewappnet zu sein.“

In einer Reaktion auf eine Aussendung des Unternehmerverbands Südtirol (UVS) plädiert der SEV daher für ein mutiges und entschlossenes Vorgehen in Richtung Energieautonomie. So kündigte der Unternehmerverband an, seine Mitgliedsbetriebe angesichts rasant steigender Preise für Strom und Gas bei der Gründung von Energiegemeinschaften unterstützen zu wollen. „Energiegemeinschaften sind sicher positiv zu bewerten, tragen aber in der aktuellen Krisenlage aufgrund der ausstehenden staatlichen Durchführungsbestimmungen nicht dazu bei, die Belastung aufgrund der hohen Strompreise kurzfristig zu senken“, sagt dazu der Direktor des Südtiroler Energieverbands SEV Rudi Rienzner. Hier werde „Aspirin verschrieben, obwohl eine intensive Therapie notwendig wäre“. Den Unternehmen muss man jetzt schnell und unbürokratisch helfen. Mittel- und langfristig könne allerdings nur eine Energieautonomie mit einer eigenen Regulierungsbehörde wirksam auf die Preisgestaltung einwirken. Rienzner: „Das ist die einzig mögliche Therapie. Auf die Erreichung dieses Ziels sollten sich auch die Wirtschaftsverbände in Südtirol konzentrieren“.

Strompreise: Wir können etwas tun!

Nachhaltigkeit muss nicht unbedingt teuer sein. Während das Land Südtirol 2,3 Millionen in seine „Sustainability Days“ investiert (bei 2.000 physisch anwesenden Besucherinnen und Besuchern waren das 1.150 Euro pro Kopf!), erarbeiten andere konkrete Maßnahmen, um die Belastung aufgrund der rasant steigenden Strom- und Gaspreise zu verringern. Ein Beispiel: Die Stadtwerke Bruneck bieten ihren Kunden ein PV-Modul zur Stromerzeugung mit den notwendigen Kabeln und dem Montagezubehör an. Die niedrigen Anschaffungskosten (390 Euro) werden in zwei Jahren über die Stromrechnung zurückerstattet. Diese Mini-Kraftwerke kann man inzwischen bei den Stadtwerken bestellen. Zudem will die Gemeinde Bruneck die eigenen PV-Anlagen erweitern, den Energieverbrauch im Hallenband Cron4 senken und die Wärmeproduktion im Biomassefernheizwerk in Zukunft erheblich steigern.

Zur Erinnerung: Ötzi Strom hat eine Konvention mit dem österreichischen Hersteller von Plug-In-PV-Modulen EET abgeschlossen. Ötzi Mitglieder können dessen Produkt „Lightmate“ jetzt über die eigene Genossenschaft erwerben. Ötzi nimmt die Bestellung auf und die Lieferung erfolgt direkt zum Kunden. Das „Lightmate“-Modul mit einer Leistung von 320 kW wird über einen Stecker mit dem Stromnetz der Wohnung verbunden. Den Netzbetreiber informiert man in diesem Fall mit einer einfachen Konformitätserklärung. Die Vorlage finden Sie auf der EET-Homepage zum Download. Diese Investition lohnt sich. Mit dem „grünen“ Balkonkraftwerk „Lightmate“ kann eine durchschnittliche Familie bis zu 15 Prozent ihrer Stromkosten pro Jahr einsparen.

Alle wichtigen Infos, technische Details, Abmessungen und Preise findet ihr hier.

Der Ökobonus (50%9 fördert den Erwerb von PV-Anlagen. Infos findet ihr hier.

Fernwärme: Der große Erfolg der Energie „von daheim“

Energieautonomie lohnt sich – auch im Bereich der Wärmeversorgung. Wenn es um grüne und kostengünstige Fernwärme geht, sind Fernheizsysteme heute die erste Wahl. Mit 78 Anlagen verfügt Südtirol heute über die höchste Konzentration von Biomasse-Fernheizwerken in Italien. Mehr als 17.000 Südtiroler Haushalte werden mit „Fernwärme versorgt. Während die Öl- und Gaspreise rasant steigen, sind die Einkaufspreise für Hackschnitzel oder Rundholz in einem geringeren Ausmaß gestiegen.

Neue Technologien verstärken diesen großen Preisvorteil: 2021 baut das Heizwerk Toblach-Innichen ein neues Heizhaus. Mit einer an zwei Heizkesseln betriebenen ORC-Anlage produziert der Betrieb den Strom für den Eigenbedarf seitdem zu 100 Prozent selbst und verkauft seinen Überschussstrom an ein lokales Energieversorgungsunternehmen. Deshalb kann die Betreibergenossenschaft ihre Lieferpreise für 2.000 lokale Haushalte und Unternehmen 2022 von 0,092 Euro pro Kilowattstunde – ein Wert, der seit 1994 unverändert geblieben war – auf 0,085 Euro senken.

Übrigens: In ihrer Richtlinie über die Förderung und Ausbau erneuerbarer Energie unterstreicht die EU „dass sich Endkunden und insbesondere Haushalte, unter Beibehaltung ihrer Rechte oder Pflichten als Endkunden, an einer Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft beteiligen dürfen“. Mit dem Aufbau genossenschaftlicher Fernheizwerkbetreibe hat man das in vielen Südtiroler Dörfern schon vor Jahrzehnten in Eigeninitiative getan – ohne EU, ohne Clean Energy Packages, ohne Klimapläne aus Bozen und Rom. „Ökologische Selbstversorgung? Warum eigentlich nicht – wenn die Voraussetzungen dafür bestehen. Die Produktion und die Verteilung von Energie werden damit zu einem zentralen Bestandteil lokal verwurzelter und regional eng vernetzter Wirtschaftskreisläufe. Auch das ist Autonomie – und Unabhängigkeit“ – diese Sätze hat der Südtiroler Energieverband 2012 – also vor zehn Jahren – in seinen energiepolitischen Thesen formuliert und daran hat sich bis heute nichts geändert.

Klimaplan Südtirol 2040: Das erste Kapitel ist online

Bild © https://umwelt.provinz.bz.it/energie/klimaplan-energie-suedtirol-2050.asp

Am 30. August hat die Südtiroler Landesregierung den ersten „allgemeinen“ Teil des „Klimaplans Südtirol 2040″ verabschiedet. Am 6. September wurde das Dokument im Rahmen der Sustainability Days Südtirol zum ersten Mal öffentlich vorgestellt. Südtirol verfügt seit 2011 über einen eigenen Klima- und Energieplan. Dieser wurde, so wie im ersten Dokument vorgesehen, 2016 das erste Mal überarbeitet und 2021 erneut zur Debatte gestellt. Der „allgemeine“ Teil beinhaltet die klimapolitische Vision des Landes, die übergeordnete Strategie, eine erste Übersicht über den Status Quo sowie wichtige Handlungsbereiche mit ausgewählten Maßnahmen. In einem zweiten Teil wird dieser Status-Quo-Bericht dann genauer ausgearbeitet, um eine Grundlage für die gezielte Umsetzung der Maßnahmen in den einzelnen Aktionsfeldern sowie für ein wirkungsvolles Monitoring der Umsetzungsschritte zu schaffen.

Das erste Kapitel des „Klimaplan Südtirol 2040“ ist  online abrufbar.