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Ölkonzern Shell zu Klimaschutz verurteilt

In einem historischen Gerichtsverfahren ist der Mineralölkonzern Royal Dutch Shell sieben Umweltschutzverbänden und 17.300 Bürgerinnen und Bürgern aus den Niederlanden, die sich als Nebenkläger angeschlossen hatten, unterlegen. Shell hat seinen Hauptsitz in Den Haag. Verhandelt wurde daher vor dem dortigen Bezirksgericht. Die Umweltschützer hatten dem Unternehmen vorgeworfen, den Klimaschutz zu vernachlässigen. So sei Shell laut der Argumentation des Umweltverbands Milieudefensie der größte Schadstoffverursacher in den Niederlanden – das Mineralölunternehmen stoße neunmal so viel CO₂ aus wie der Rest des Landes. Dadurch dass Shell in den Abbau fossiler Energieträger investiere, gefährde der Konzern das Recht auf Leben und verstoße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Das Gericht stellte in seiner Urteilsbegründung fest, dass Shell für CO₂-Emissionen zu verantworten habe, die zur Erderwärmung beitragen und damit auch die niederländische Bevölkerung sowie die Bewohner des unter Naturschutz stehenden Wattenmeergebiets gefährden. Die Entscheidung des Gerichts: Bis 2030 müssen der Konzern und die Zulieferer den Treibhausgasausstoß im Vergleich zu 2019 um 45 Prozent verringern.

 

Damit hat das niederländische Gericht einen weltweit beachteten Präzedenzfall geschaffen. Denn zum ersten Mal ist ein global agierendes Unternehmen gerichtlich zum Klimaschutz verpflichtet worden und: Das Erreichen von Klimazielen – wie etwa die Einhaltung der im Pariser Abkommen formulierten Klimaschutzziele – ist einklagbar. Vor allem im Bereich der unternehmerischen Menschenrechtsverantwortung ist Urteil aus Den Haag wegweisend.

 

Denn aus menschenrechtlichen Schutzpflichten und umweltvölkerrechtlichen Standards wird hier eine Sorgfaltspflicht von Unternehmen abgeleitet. Üblicherweise sind nur Staaten und nicht Unternehmen an internationales Recht gebunden. So sind auch die Guiding Principles on Business and Human Rights (UNGPs) der UNO überwiegend rechtlich unverbindliche Erklärungen. Das Urteil aus den Niederlanden schwächt jetzt alle Akteure, die versuchen, die Debatte um Unternehmen und Menschenrechte von der Diskussion um betriebliche Umweltstandards zu trennen. Zudem  werden dadurch diejenigen gestärkt, die Unternehmen nicht nur für das eigene Handeln oder Nicht-Handeln in die Haftung nehmen, sondern eben auch die gesamte Lieferkette miteinbeziehen, inklusive sämtliche Zulieferer-Unternehmen.

Übrigens: Der Shell will gegen das Klima-Urteil in Berufung gehen. Das kündigte das Unternehmen an. Die Begründung: Der Weltkonzern investiere bereits „Milliarden Dollar in kohlenstoffarme Energie, einschließlich der Aufladung von Elektrofahrzeugen, Wasserstoff, erneuerbare Energien und Biokraftstoffe“. Ziel sei ein „null CO2- Ausstoß bis 2050“.