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Genossenschaftliche GENDER-Gleichheit: Das Beispiel GOIENER

Die 2012 gegründete Energiegenossenschaft Goiener versorgt im südlichen Baskenland (Spanien) 20.000 Haushalte mit grünem Strom. Ein Streikaufruf zum Internationalen Frauentag führte unter den Mitgliedern zu einer Debatte über die Gender-Gleichheit – auch im eigenen Betrieb. „Wir mussten entscheiden, wie wir mit diesem Streik umgehen. Einige von uns fragten sich: Warum sollten wir heute streiken, wenn wir den Rest des Jahres nicht über Genderfragen nachdenken? Wir einigten uns dann darauf, am 8. März zu streiken und zu demonstrieren, wollten aber auch danach an Gender-Themen arbeiten“, erzählt die Präsidentin von Goiener Erika Martínez. Zur innerbetrieblichen Gender-Arbeit gehörten Initiativen für die Gleichstellung der Geschlechter. So etwa die Verwendung einer geschlechtsneutralen Sprache oder eine ausgewogene Präsenz von Frauen und Männern in der Medienberichterstattung über die Arbeit der Genossenschaft und bei öffentlichen Veranstaltungen. Der nächste Schritt war dann die Entwicklung eines Gleichstellungsplans.

Auch in Energiegenossenschaften gibt es ein geschlechtsspezifisches Gefälle in Bezug auf die aktive Beteiligung von Frauen. Dies gilt in der Organisation, der Sichtbarkeit und der Vertretung in wichtigen Führungspositionen. Zudem haben Energiegemeinschaften oft Schwierigkeiten, weibliche Mitglieder zu gewinnen, insbesondere benachteiligte Frauen. Eine demographische Analyse von 13 Windenergiegemeinschaften in Deutschland hat etwa ergeben, dass deren Mitglieder zu 80 Prozent ältere Männer mit überdurchschnittlich hohem Bildungsniveau sind.
Die Erstellung eines Gleichstellungsplans erfordert eine Situationsdiagnose, die Festlegung von Maßnahmen zur Behebung der festgestellten Probleme und die Weiterverfolgung der im Plan enthaltenen Vorschläge und Verpflichtungen. Bei Goiener war man besonders an einer angemessenen Diagnose interessiert, die über die bereits vorhandenen Zahlen hinausgehen sollte. Eine externe Organisation führte diese Analyse im Jahr 2019 durch, und das Ergebnis war recht positiv. In vielen Bereichen lief es gut. Es wurden aber auch Aspekte und Prozesse ermittelt, bei denen im Bereich der Geschlechter-Parität weiterer Handlungsbedarf bestand.

Wichtige Interventionsbereiche waren: die Entwicklung von Schutzmechanismen gegen sexuelle Belästigung, die Verwendung einer gendergerechten Sprache in der internen Kommunikation und das Geschlechtergleichgewicht unter den freiwillig Mitarbeitenden in der Genossenschaft.
Der Gleichstellungsplan konzentrierte sich auf fünf Kernbereiche. Der Plan beinhaltet politisches Engagement für die Gleichstellung von Frauen und Männern, Organisationskultur, Pflege- und Konfliktmanagement, Beteiligung und Entscheidungsfindung sowie Personalmanagement. Aufgrund der COVID-19-Pandemie konnten bislang nur einige Interventionen umgesetzt werden. So wurde die Satzung der Genossenschaft in einer inklusiven Sprache formuliert und ein verpflichtendes Gleichgewicht der Geschlechter im Verwaltungsrat eingeführt. In der baskischen und spanischen Kommunikation wurden Genossenschaftsmitglieder und Mitarbeitende nur noch in der jeweiligen weiblichen Form angesprochen.

Erika Martínez: „Seltsamerweise gab es in diesem Bereich ist die größten Widerstände. Nicht jeder mochte das, aber ich glaube, alle haben das akzeptiert, nachdem wir die Maßnahme erklärt hatten“.
Anderen Energiegenossenschaften rät die Goiener-Präsidentin zu einem schrittweisen Vorgehen. „Der erste Schritt besteht darin, zu erklären, dass ein Gleichstellungsplan nicht gegen irgend jemanden gerichtet ist. Es handelt sich um eine kollektive Diagnose, die das Ziel hat, allen Beteiligten die gleichen Chancen zu geben. Ich würde damit beginnen, Workshops und Sitzungen zu organisieren. Somit würde das Thema diskutiert und man bekäme ein Gefühl für die Stimmung im Betrieb. Es hat keinen Sinn, einen Gender-Plan zu haben, wenn er nicht befolgt und angenommen wird. Ein Gleichstellungsplan muss eine kollektive Entscheidung sein, und wenn es in der Organisation Ablehnung gibt, sollte man offen darüber diskutieren“.