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EU: „Eiertanz“ in Brüssel

„Grün“, „nachhaltig“ oder nur ein „Übergang“? Am 31. Dezember hat die Europäische Kommission das Konsultationsverfahren zur ergänzenden Taxonomie-Rechtsverordnung und damit zur Rolle von Gaskraftwerken und der Kernenergie im Green-Deal-Szenario eingeleitet. Ein 60 Seiten umfassender Text wurde den EU-Mitgliedsstaaten via E-Mail zwei Stunden (!) vor dem Jahreswechsel zugestellt. Die EU-Taxonomie soll private Investitionen mobilisieren und Investmentfonds Orientierungshilfen geben. So listet die Taxonomie Technologien auf, die es den einzelnen EU-Staaten in den kommenden 30 Jahren ermöglichen sollen, „sich von sehr unterschiedlichen Ausgangspositionen aus in Richtung Klimaneutralität zu bewegen“.

Und dazu gehören laut EU auch der Energieträger Erdgas und die Kernenergie. „Gestützt auf wissenschaftliche Gutachten und den aktuellen Stand des technologischen Fortschritts“ vertritt die EU-Kommission in ihrem Positionspapier die Auffassung, „dass Erdgas und Kernenergie die Transition zu kohlenstoffarmen Energiesystemen erleichtern und auf dem Weg in eine überwiegend auf erneuerbaren Energien basierenden Zukunft eine Rolle spielen können“. Mit dieser vorsichtigen Formulierung stuft die Kommission Investitionen in Gas- und Atomkraftwerke als „klimafreundlich“ ein – wenn auch nur unter bestimmten Bedingungen.

So sollen neue Gaskraftwerke in der EU nur dann eingesetzt werden, wenn nicht genügend erneuerbare Energie produziert wird. Die Anlagen, deren Emissionen einen bestimmten Wert pro KWh nicht überschreiten dürfen, müssen bis Ende 2030 genehmigt sein und ältere Kohlekraftwerke ersetzen. Zudem können sie ab 2035 nur noch mit „low-carbon gases” wie etwa Wasserstoff, die laut einer EU-Vorgabe 70 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen als gewöhnliches Erdgas, betrieben werden. Neue Atomanlagen müssen – natürlich – modernen technischen Standards entsprechen. Eine Baugenehmigung muss in diesem Fall bis 2045 vorliegen. Die Betreiber sind zudem verpflichtet, bis 2050 (!) konkrete Pläne für den Betrieb einer Entsorgungsanlage für hoch radioaktive Abfälle vorzulegen. Aber: Selbst die Laufzeitverlängerungen bestehender Atomkraftwerke können über die Taxonomie finanziert werden. 2020 betrug das Durchschnittsalter französischer Anlagen bereits mehr als 35 Jahre.

Es geht auch anders: „Wenn diese Krise eines deutlich macht, dann dass es an der Zeit ist, die Produktion erneuerbar Energie aus Sonne und Wind auszubauen‘“, heißt es dazu in einem Kommentar auf der Homepage des europäischen Netzwerks nachhaltiger Energiegenossenschaften REScoop.eu. Ein zentrales Element dieser „Energiewende“ sei das aktive Engagement der betroffenen Menschen. Lokale Gemeinschaften sollten daher in die Lage versetzt werden, ihre eigene „grüne‘“ Energieerzeugung aufzubauen. Die EU-Mitgliedstaaten werden daher aufgefordert ihren rechtlichen Verpflichtungen zur Förderung erneuerbarer Energien nachzukommen. Denn: „Wenn wir bei der Energiewende niemanden zurücklassen wollen, müssen wir jetzt die Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt stellen.

Die „Plattform für nachhaltige Finanzen“ – in Deutschland ein wichtiges Beratergremium bei der Entwicklung der europäischen Taxonomie – kann die Kommissionspläne ebenso wie vergleichbare Expertengremien in den anderen EU-Mitgliedsstaaten nur noch bis zum 21. Januar kommentieren. Das erste Fazit der deutschen Wissenschaftler: Der aktuelle Entwurf sei nicht nur „Greenwashing“, sondern gefährde den grünen Wandel in Europa.