Ötzi Wiki: Blindstrom

Der Begriff Blindstrom stammt aus der Elektrotechnik und wird in Zusammenhang mit der Übertragung von elektrischer Energie verwendet. Während als Wirkstrom elektrischer Strom bezeichnet wird, dessen Arbeitsleistung in andere Energieformen wie Wärme oder Licht umgesetzt wird, belastet Blindstrom als pendelnder Strom zwischen dem Generator eines Elektrizitätswerks  und den Geräten des Verbraucher die Leitung, ohne dem Kunden eine Arbeitsleistung zur Verfügung zu stellen. Wirkleistung und Blindleistung ergeben dabei die sogenannte Scheinleistung. Das Produkt aus Blindstrom und Spannung nennt man Blindleistung. Dieser Stromanteil lässt sich also nicht für den Betrieb von Anlagen oder Geräten verbrauchen. Trotzdem erfüllt die Blindleistung einen Zweck. Sie dient dem Auf- und Abbau von Magnetfeldern, die dafür sorgen, dass der Strom im Wechselstromnetz übertragen wird. Dies trifft etwa bei Motoren, Transformatoren, Generatoren, Elektromotoren, Vorschaltgeräten oder beim Laden von Kondensatoren zu. Anders gesagt: Der  nutzbare Strom käme ohne die Blindleistung nicht vom Kraftwerk bis zum Kunden.

COP27: Don’t Look Up

Copyright Bild: https://live.worldbank.org/cop27

Kennt ihr die Kinokomödie „Don’t Look Up“ mit Leonardo DiCaprio und Jennifer Lawrence in den Hauptrollen? Der Plot erinnert an die Positionierung zahlreicher Staaten auf der ‚“27th Conference of the Parties to the United Nations Framework Convention on Climate Change“ (COP27) im ägyptischen Tourismuszentrum Sharm el-Sheikh. Ein US-amerikanischer Astronom entdeckt einen Kometen, der auf die Erde zurast. Die wenig interessierten politischen Entscheidungsträger fordern die Bevölkerung mit dem Slogan „Don’t Look Up“ so lange auf, „Ruhe zu bewahren“, bis die Apokalypse dann wirklich eintritt.

Die Weltklimakonferenz in Sharm el-Sheikh

Auch in Sharm el-Sheikh wollte man offenbar nicht allzu genau hinschauen. Die nach langen Verhandlungen verabschiedete Abschlusserklärung der – um 36 Stunden verlängerten – Weltklimakonferenz bestätigt den bereits beschlossenen Ausstieg aus der Kohleverstromung. Zugleich verzichtet sie aber auf Einschränkungen bei der Verbrennung von Erdöl und fossilem Gas. Das bei der Pariser Klimakonferenz 2015 mühsam ausgehandelte 1,5-Grad-Ziel wird erwähnt – aber konkrete und vor allem weltweit verpflichtende Maßnahmen zur Abschwächung der Erderwärmung sucht man in diesem Kompromiss vergebens. Dennoch gelang in Sharm el-Sheikh zumindest ein Durchbruch.

Der loss and damage-Fond

Die Delegationen beschlossen die Einrichtung eines Fonds zum Ausgleich der Verluste und Schäden (loss and damage) durch den Klimawandel. Er soll in Zukunft die Entwicklungsländer unterstützen, die durch die Klimakrise besonders verwundbar sind und durch zusätzliche Finanzinstrumente ergänzt werden. Die V20-Gruppe aus 58 besonders gefährdeten Staaten beziffert ihre in den vergangenen 20 Jahren entstandenen Kosten auf 525 Milliarden US-Dollar. Studien zufolge könnten die Schadenssummen weltweit bis 2050 auf 1,0 bis 1,8 Billionen US-Dollar jährlich ansteigen. Aber wer soll das bezahlen? Jene Weltregionen, die historisch am meisten zum Klimawandel beigetragen haben (Europa und die USA) oder die mächtigen Großverschmutzer des 21. Jahrhunderts (USA und China) oder Unternehmen, die Treibhausgase ausstoßen? So viele Fragen – und (noch) keine Antworten.

Der Bericht der CCPI

Zeitgleich zur Weltklimakonferenz in Ägypten haben Germanwatch, das NewClimate Institute, und das Climate Action Network International ihren Climate Change Performance Index (CCPI) 2023 veröffentlicht. Der CCPI ist ein unabhängiges Überwachungsinstrument zur Verfolgung der Klimaschutzleistung von 59 Ländern und der EU. Der Bericht soll einen Vergleich dieser Klimaschutzbemühungen ermöglichen. Die Klimaschutzleistung von Staaten, die zusammen 92 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verursachen, wird in vier Kategorien bewertet: Treibhausgasemissionen, erneuerbare Energien, Energienutzung und Klimapolitik.

Im EU-internen Vergleich liegt Italien mit Frankreich, Spanien, Österreich, Griechenland oder Kroatien, als „medium performer“ im Mittelfeld. Neun EU-Länder mit Schweden und Dänemark an der Spitze gehören zur Gruppe der „high and medium performer“. Ungarn und Polen sind die einzigen EU-Staaten mit einer sehr niedrigen (very low) Bewertung – zu dieser Kategorie gehören auch Kanada, die USA, Japan, Australien, China oder Russland. Das weltweite Ranking führen Dänemark, Schweden, Chile, Marokko, Indien, Estland, Norwegen und Großbritannien an. Italien liegt auf Platz 29 – hinter Frankreich und vor Kroatien. Die letzten drei Positionen belegen Kasachstan, Saudi-Arabien und der Iran.

Strompreis: Wer profitiert?

Wieviel bezahlen italienische Energiekonzerne wie ENI, Edison oder ENEL für Gasimporte? Laut den Berechnungen der Agenzia delle Dogane kostete fossiles Gas aus Algerien im Zeitraum Oktober-Dezember 2021 23 Euro pro Megawattstunde (MWh), Gas aus Aserbaidschan 67 Euro, Gas aus Russland 54 Euro und das mit Tankschiffen importierte Flüssiggas 48 Euro. Mit einer Gewichtung von 44 Prozent pro Megawattstunde (Wasserkraft: 16,4 Prozent, Fotovoltaik: 7,7 Prozent, Windkraft: 6,3 Prozent, Biomasse: 6,2 Prozent, Kohle: 5 Prozent, Erdölprodukte: 4 Prozent, Geothermie: 1,8 Prozent, Kernkraft: 8,6 Prozent) war fossiles Gas 2021 im geschützten Grundversorgungsdienst die wichtigste und teuerste Komponente bei der Kalkulation des Strompreise. Der Strompreis für Haushaltskunden im ersten Trimester 2022 war mit 96 Euro pro MWh war deutlich höher. Die Regulierungsbehörde ARERA berechnet diesen auf der Grundlage der oben genannten Importkosten im Grundversorgungsdienst.

Warum ist das so?

Die Antworten: Spekulative Termingeschäfte an der Amsterdamer Leitbörse für den Handel mit fossilem Gas lassen die Preise steigen. Das in allen EU-Länder angewandte Order-Merit-System führt unweigerlich dazu, dass der Gaspreis den Strompreis bestimmt. Besser wären natürlich die deutlich niedrigeren Produktionskosten für erneuerbare Energie. Der Börsenhandel lebt von Kauf- und Verkaufsverträgen. Hier erfolgt die Lieferung der Ware und die Zahlung des vereinbarten Preises zu einem vorher festgelegten Zeitpunkt in der Zukunft. Dabei handelt es sich um Wetten auf den Gaspreis in einem vertraglich fixierten Zeitraum (in der Regel drei Monate). Wenn erwartet wird, dass der Preis fällt, wird verkauft. Wenn erwartet wird, dass er steigt (wie vor dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs), kaufen die Händler ein und die Ware Gas wird im Börsenhandel automatisch teurer.

Energieunternehmen machen also enorme Gewinne. Die Preise für fossile Brennstoffe, die sie schon zu einem früheren Zeitpunkt zu viel niedrigeren Preisen eingekauft hatten, sind enorm angestiegen. Kurz gesagt: Der Kunde zahlt – und die Energiekonzerne verdienen viel Geld. ENEL erzielte im ersten Quartal 2022 einen Umsatzanstieg von 18 Milliarden (2021) auf 34 Milliarden Euro (Gewinn vor Steuern: 2,3 Milliarden). Im ersten Quartal 2022 verdoppelte Eni den Umsatz auf 32 Milliarden Euro (Ertrag: 5,2 Milliarden). Bei Edison wuchs der Ertrag in diesem Zeitraum von 2,1 Milliarden auf 7,1 Milliarden Euro.

Deshalb hat der Staat auf Zusatzgewinne im Zeitraum 1. Oktober 2021 bis 30. April 2022 (im Vergleich zum Vorjahreszeitraum) auf der Grundlage der IVA-Einzahlungen eine zusätzliche Steuer von 25 Prozent erhoben – und möchte damit elf Milliarden Euro einnehmen. Rekurse der Energieunternehmen gegen diese Maßnahme hat die Verwaltungsgerichtsbarkeit inzwischen zurückgewiesen. Die Regierung Meloni will die umstrittene Extraprofitti-Steuer – diesmal auf der Grundlage der bilanztechnisch ausgewiesenen Gewinne – jetzt auf 33 Prozent erhöhen.

Gaspreisdeckel: Die Pläne der EU-Kommission

Die EU-Kommission hat ein vorsichtig Positionspapier erstellt, indem ein Gaspreisdeckel ausformuliert werden soll. Dieser soll für den Großhandel mit fossilem Gas genutzt werden. Der Preis für elektrische Energie ist eng an den Gaspreis gekoppelt. Dadurch hätte ein derartiges Instrument automatisch Auswirkungen auf die Strompreise. Die Kommission spricht in diesem Zusammenhang von einem „Marktkorrektur-Mechanismus“. Dieser soll ausschließlich „vorübergehende“ und „unverhältnismäßige“ Preisbewegungen aufgrund von Spekulationen an der Amsterdamer Börse TTF (Title Transfer Facility) einschränken. Der TTF-Preis ist die wichtigste Gasnotierung für Europa; viele Lieferverträge sind daran gekoppelt. Der Preisdeckel soll EU-weit in Kraft treten, sobald zwei Bedingungen erfüllt sind. Der TTF-Preis für Terminkontrakte für die Lieferung im Folgemonat muss einen von der EU vorgegebenen Schwellenwert überschreiten und der Preisanstieg in Europa muss sich von der Preisentwicklung auf den Weltmärkten deutlich unterscheiden.

Am Dienstag schlug die Kommission einen Maximalpreis für Gas vor, mit dem man einen Monat im Voraus handelt. Der Deckel würde demnach greifen, wenn dieser Preis zwei Wochen lang 275 Euro pro Megawattstunde (MWh) übersteigt. Gleichzeitig muss er mindestens 58 Euro höher sein, als die Preise am Weltmarkt für Flüssiggas (LNG), wie EU-Energiekommissarin Kadri Simson mitteilte. Dieses Verfahren zur Preisabsenkung ist unter den Mitgliedsstaaten umstritten. So befürchten einige Staaten, dass ein Gaspreisdeckel die Nachfrage anheizen und Gasexporteure davon abhalten könnte, ihren Rohstoff in Europa zu künstlich niedriggehaltenen Preisen zu verkaufen. Auf der anderen Seite fordern 15 Mitgliedstaaten – darunter auch Italien – die rasche Einführung eines gesetzlichen Limits. Damit will man die hohen Preise wirksam senken. Sicher ist: Bei den aktuellen TTF-Gaspreisen (22.Oktober: 111,78 Euro/MWh, 28. August: 308,18 Euro), die viel niedriger sind als die Höchststände im Sommer, aktiviert man die Preisdeckelung nicht.

Genossenschaftliche Erfolgsgeschichten: Ecopower in Belgien

„Ich engagierte mich in der Bewegung gegen die Kernenergie und fuhr zu Protesten in der Bretagne. Dort war der Bau eines Kernkraftwerks geplant. Manche Menschen in dieser Region wollten das nicht und es gab Kundgebungen auf den Feldern – und da waren nur wir, die Demonstranten, und dazu kamen einige Kühe und Schafe. Mir wurde damals klar, dass wir Alternativen zur Atomkraft finden mussten, die bei mehr Menschen Anklang finden konnten“, erzählt Dirk Vansintjan. Mitte der 1980er Jahre kauft er mit Freunden eine historische Wassermühle in der Gemeinde Rotselaar in Flandern, renoviert die Anlage und gründet dort am 18. Oktober 1991 die „Bürgergenossenschaft für erneuerbare Energie“ Ecopower.

Mit der alten Turbine der Wassermühle sollen Haushalte vor Ort mit „grünem“ Strom versorgt werden. So war es in der Vergangenheit in zahlreichen belgischen Dörfern üblich. Zunächst zerplatzt dieser Traum. Anstatt für den eingespeisten Strom zu zahlen, fordert der Energiemonopolist Elektrabel ein Entgelt für die zur Verfügung gestellte Energie. Dirk Vansintjan: „Am Anfang war es ein einsamer Kampf. Wir waren wenige und man hat uns ausgelacht“.

2003 wird der Energiemarkt in Flandern liberalisiert. Ecopower beantragt eine Verteilerkonzession, um die Mitglieder mit Strom versorgen zu können. Die Genossenschaft startet mit zehn Kunden. Heute ist das Bürgerenergieprojekt die größte Energiegenossenschaft in Belgien mit mehr als 64.000 Mitgliedern. Mit drei Kleinwasserkraftwerken, 20 Windturbinen, einer Kraft-Wärme-Koppelungsanklage sowie 70 großen und 270 kleinen PV-Anlagen erzeugt Ecopower erneuerbare Energie. Seit 2014 produzieren sie in einer eigenen Fabrik ökologische Holzpellets und Holzbriketts. „Der Gemeinbesitz ist hier entscheidend“, sagt Dirk Vansintjan „Das ist der Kern des Konzepts der Bürgerenergie und das ist die strahlende Zukunft, an der wir arbeiten“

Heizen in Südtirol: Gas ist die wichtigste Energiequelle

Fossiles Gas dominiert im Klimaland: Beim Heizen nutzen 47 Prozent der Südtiroler Haushalte teures Importgas, bei der Erzeugung von warmem Wasser verbrennen 44 Prozent aller Haushalte in Südtirol ebenfalls klimaschädliches fossiles Gas. Das ergibt eine statistische Erhebung des Landesstatistikamts ASTAT mit Daten aus dem Jahr 2021.

Im Vergleich zu den norditalienischen Regionen ist das gar kein schlechter Wert. Dort befeuern 79 Prozent (!) aller Haushalte ihre Heizungsanlagen mit fossilem Gas, bei der Warmwassererzeugung sind es 78 Prozent. Die zahlreichen Biomassefernheizwerke in Südtirol könnten ein Grund für diesen Unterscheid sein – in Südtirol werden im Bereich der privaten Kunden 33 Prozent der Heizungsanalgen und 26 Prozent der Systeme zur Warmwasserbereitstellung mit Biomasse betrieben. Ein anderes Ergebnis der ASTAT-Erhebung: In Südtirol dominiert die Zentralheizung. 50 Prozent aller Haushalte setzen diese vorwiegend oder ausschließlich ein. Beim autonomen Heizen liegt dieser Wert bei 41 Prozent und bei anderen Heizgeräten bei neun Prozent. Beim Umstieg auf Energiesparlampen lassen sich Südtiroler Haushalte Zeit: Moderne Energiesparlampen machen dort zwar die große Mehrheit (72 Prozent) der Beleuchtungssysteme aus. Obwohl sie gar nicht mehr vermarktet werden, stellen traditionelle Glühbirnen aber immer noch 28 Prozent der eingesetzten Leuchtkörper.

ASTAT_Energy_Report2021